Facebook- Post von Christoph Moar: Der BBT. Am Ende schaut man in die Röhre.

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Bei Baumkirchen im Inntal steht eine Kapelle. Erbaut wurde sie 1986 im Namen der heiligen Jungfrau Maria, um den Kampf gegen ein fürchterliches Ungeheuer zu heiligen: Den Kampf gegen den ausufernden Transitverkehr, der Tag und Nacht einen unendlichen Strom aus Waren und Menschen von Deutschland über den Brenner nach Italien und zurück bringt. Ein fließender Moloch, der das Land mit Krach und Gift kaputt macht, der Flora und Fauna mit Qualm erstickt und der dem Tourismus schadet.

26 anni dopo la costruzione di quella piccola cappella in Tirolo il progetto della Galleria di Base del Brennero ha assunto, secondo la stampa, la fase concreta di costruzione principale. Una volta completato, questo progetto BBT promette di vincere proprio quella lotta contro il traffico di transito a cui la piccola cappella di Baumkirchen e’ dedicata. Con 64 km (compresi i tunnel di accesso) sarebbe la galleria ferroviaria più lunga del mondo, e supererebbe i  57 km della galleria di base del San Gottardo, da poco messa in funzione in Svizzera.

Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis wir den Transitverkehr bändigen werden?  Werden wir tatsächlich den Moment erleben, ab dem Ruhe einkehrt in den Tälern entlang der Transitstrecken? Nun, wir werden sehen. Aber über so Einiges lohnt es sich, auch jetzt schon zu sinnieren.

BBT. A Big Big Tube means Big Big Money.

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(Eisenbahntunnel. Willi Dörr / Pixelio.de)

Seit Jahren verfolge ich nun Podiumsdiskussionen und Presseberichte zum Brennerbasistunnel. Oft schon habe ich Sepp Kusstatscher, ex Europaabgeordneter  und ehemals Co-Sprecher derGrünen Verdi Vërc, darüber referieren hören, welche Unsummen für Bau von BBT und Zulaufstrecken aufzubringen sind. Von Befürwortern wurde und wird das dann immer darauf reduziert, die Meinung von Sepp sei die, der BBT sei eh nicht finanzierbar, und das „werde man dann schon noch sehen“.

Dies mag zwar korrekt sein, aber letztlich nur eine Verkürzung von dem, was Sepp eigentlich meinte: selbstverständlich ist der BBT samt Zulaufstrecken nicht finanzierbar, außer es wird unheimlich viel Steuergeld anderswo abgezogen. Denn es wird genug Verrückte und Bauwütige geben, die auf das Große Loch versessen sind.   Was aber schließlich bedeutet, dass das Geld eben woanders fehlt.

Vierundzwanzig (24) Milliarden Euro, das ist die offizielle Hochrechnung (2009) des Österreichischen Rechnungshofes für Bau und Finanzierung des Brennerbasistunnels, zusammengesetzt aus 12 Milliarden für die Republik Österreich, und nochmal so viel für den italienischen Teil. Die Kosten der Zulaufstrecken sind in dieser Summe noch gar nicht eingerechnet und dürften

Vierundzwanzig Milliarden Euro. Peanuts?

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(Money, money, money. Tim Reckmann / Pixelio.de)

Damit sich jeder vorstellen kann, was das bedeutet, wenn 24 Milliarden Euro woanders fehlen, lohnt es sich die Zahl in greifbare Zahlen umzurechnen. Was kaufen wir uns schon für einen Meter BBT?

  • Mit 3 Meter BBT bauen wir einen voll ausgestatteten Kindergarten mit 4 Sektionen.
  • Mit 500 Meter BBT kaufen wir uns ein Krankenhaus mit 1200 Betten, über 200 Behandlungszimmern und 38 voll ausgestatteten OP-Sälen nebst Hubschrauberlandeplatz.
  • Und schließlich: mit 1km BBT, bezahlen wir die Studiengebühren, die eine Viertelmillion Studenten pro Jahr an italienischen Universitäten entrichten müssen.

Nota bene: das Unterrichtsministerium berichtet aktuell von ca. ca. 270.000 Studenten, die sich jährlich als Erstsemester einschreiben. Wir könnten also 55 Jahre lang alle neu eingeschriebenen StudentInnen eines Jahrgangs von der Gebühr befreien. Sparen in der Bildung ist teuer: die Folgen belasten den Einzelnen, aber auch die Gesellschaft, darum sind Investitionen in gute Bildung aller Jugendlichen auch eine Riesenchance für die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft.

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(Kostenfalle BBT. Christoph Moar)

Und eine letzte Zahl, so als Zuckerle. Mit zwei bis vier Zentimeter BBT finanzieren wir eine durchschnittliche Jahresrente – oder stocken gleich mehrere davon auf ein für ein würdiges Leben notwendiges Niveau herauf.

Weniger Kindergärten. Gestrichene Krankenhäuser. Kein Geld für Bildung. Miserable Renten. Aber wie kommen die Container auf den Zug?

Das Geld wird also schmerzlich woanders fehlen. Es lohnt sich, noch weiter über den BBT nachzudenken. Wer die Zeitungsberichte liest, dem fällt auf: nicht die Verkehrswirtschaft fordert den BBT, sondern die Bauindustrie! Diese ist nun seit Jahrzehnten hinter dem Projekt her und hat den BBT zu einem Dogma erhoben. Nun beten so viele diese Litanei der Notwendigkeit nach. Die Transportindustrie aber schweigt geflissentlich.

Experten und Umweltschützer erheben derweil mahnend die Stimme, dass keineswegs gesichert ist, dass die Schwerlasten dann auch wirklich auf die Bahn gebracht werden. An die 240 Züge fahren heute täglich über den Brenner. Nach Fertigstellung des BBT sollen es 400 sein, viel schneller als heute. Zum Mitschreiben: alle 3,6 Minuten ein Zug!

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(Brennerbahn. Erich Westendarp / Pixelio.de)

Bis heute gibt es kein Konzept und keine konkreten Projekte für den Ausbau der Zulaufstrecken, um den Tunnel auch gut anbinden und bewirtschaften zu können. Zum Teil ist noch nicht einmal der Trassenverlauf festgelegt, wie zum Beispiel zwischen Waidbruck und Bozen oder zwischen Kuftstein und Rosenheim. Fachleute schätzen übrigens die Kosten der Zulaufstrecke Franzensfeste – Verona auf etwas zwischen 30 und 50 Milliarden Euro. Lasst uns das mal bitte in Kindergärten umrechnen!

Kann der Umstieg auf die Bahn erzwungen werden?

Das Hauptproblem: wie kann man den Umstieg auf die Schiene erzwingen, wenn die EU aus Wettbewerbsgründen und den Prinzipien des freien Marktes keine steuernden Eingriffe ermöglicht? Die Schweiz hat es leicht: als Nicht-EU Land wird die LKW-Maut solange erhöht, bis die Bahn für die Fuhrunternehmen wirtschaftlicher ist. Und für die, die immer noch LKW fahren möchten, vergibt die Schweiz einfach Quoten. Mit so einem Szenario könnte ich mich auch anfreunden: nur die Hälfte dessen, was durch den Tunnel fährt, darf auf der Autobahn passieren.

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(LKW Verkehr. Erika Hartmann / Pixelio.de)

Ob das je zustande kommen wird, steht aber in den Sternen. Wir sind hier bei uns nicht mal in der Lage, die Geschwindkeiten einhalten zu lassen: die Betreibergesellschaft A22 hat sich bisher immer gegen die Einführung der automatischen Geschwindigkeitskontrollen auf der Autobahn („Tutor“ System) ausgesprochen. Und zwar nicht, weil sie nicht funktionieren würden. Sondern weil die Technologie in der Hand der anderen Autobahngesellschaften liegt. Und dortbeliebt es nicht einzukaufen.

Die Verlagerung des Güterverkehrsbenötigt den entsprechenden politischen Willen: Wir hätten, bei gleichen Bedingungen wie in der Schweiz, ohnehin statt knapp 2 Mio. LKWs auf der A22 laut Aussagen von Experten jetzt schon bloß eine Million LKWs. Die von den Umweltschützern und den Grünen Verdi Vërc geforderte Alpentransitbörse wäre ein solcher konkreter Anreiz zur Umlagerung des LKWs auf die Schiene bzw. zu anderen Strecken. Studien belegen, dass die Schweiz mit der Alpentransitbörse die Zahl ihrer LKW Fahrten über vier Transitrouten auf 650.000/Jahr zu deckeln wüsste, für den Brenner würde man weniger als eine Million kalkulieren.

Klar ist: Die Frächter werden nur dann die Bahn wählen, wenn sie billiger als die Autobahn ist oder wenn sie gesetzlich dazu gezwungen werden.  Es verwundert also, warum nicht heute schon Sofortmaßnahmen gegen den Umwegverkehr auf der Autobahn eingeführt werden: Der BBT müsste doch nun wirklich lange genug als Ausrede gedient haben, diesbezüglich nichts zu unternehmen.

Zahlreiche Logistikunternehmen haben ihre Firmensitze zum Großteil bereits nach Osteuropa verlegt, auch die LKW Fahrer stammen aus den Neuen Ländern. Fraglich, ob die Rücksicht, die auf diese Lobby bisher geübt wurde, deshalb noch angebracht ist. Was hindert eigentlich unsere Politik  daran, die Maut zu vervierfachen? Und was war eigentlich der Grund, warum kein Nachtfahrverbot eingeführt wird?

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(LKW Transportpolitik. Jens Märker / Pixelio.de)

Alte Zuggarnituren auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke?

Was mir noch widersprüchlicher erscheint: auf den modernen Hochgeschwindigkeitsstrecken in Europa dürfen keine konventionellen Güterzüge fahren, jedenfalls keine mit den üblichen Bremssystemen, keine offene Waggons und keine gefährlichen Güter wie brennbare, explosive und giftige Produkte.

Ist der BBT etwa als moderne Bahn für Hochgeschwindigkeits-Personenzüge geplant? Was passiert mit den alten klapprigen Güterzügen: werden die auf der Bestandsstrecke weiterrollen? Selbst wenn es bis 2030 möglicherweise technische Lösungen geben sollte, die den Mischverkehr entgegen heutiger Erfahrungen ermöglichen sollen, bleibt mir eine unheimliche unternehmerische Überlegung: Eine abbezahlte Bestandsstrecke, die geringere Betriebskosten als ein High Tech Tunnel hat, wird immer eine gigantische ökonomische Anziehungskraft auf „billigere“ Transporte ausüben, die trotz BBT ihren Weg damit weiterhin auf der Bestandsstrecke finden wollen.

Grüziwohl. Die Eidgenossen sind verkehrspolitisch einfach schlauer.

Unsere lieben Nachbarn, die Schweizer. Nicht nur in der direkten Demokratie ein Vorzeigeland. Auch Verkehrspolitisch einfach wiffer. Merke: die Mautkosten von Rosenheim bis Verona betragen für einen LKW der besten Schutzklasse ca. 105 EUR, bei einem Durchschnittspreis von 28c/km. Die „Konkurrenzstrecke“ Basel-Chiasso verlangt eine LKW Maut von ca. 70c/km.

Chapeau, liebe Eidgenossen. Einfache Maßnahme, aber effektiv. Eine vernünftige Mauterhöhung ist die Voraussetzung, damit wir endlich den Umwegverkehr los sind, der die Brennerstrecke nur wegen der Kosten auswählt, trotz bedeutend längerer Strecke. Seriöse Schätzungen sprechen von rund einem Drittel der Fahrten, die einen Umweg fahren, um der teureren Schweiz auszustellen. Auch die Bahn östlich von uns, die so genannte Tauernstrecke, hätte Kapazitäten frei; sie ist nur zu 12% ausgelastet.

Der Ausbau der Häfen (zum Beispiel Gioia Tauro in Kalabrien und die La Spezia, Genua und Savona in Ligurien) wäre die nächste Maßnahme, um den Warenverkehr nach Italien per Schiff statt von Rotterdam aus per LKW zu organisieren.

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(Hafen. Klaas Hartz / Pixelio.de)

Zum Mitschreiben: Umwegverkehr sofort abschaffen.

  • Inbetriebnahme der neuen Schweizer Linien.
  • Ausbau der italienischen Hafeninfrastruktur.
  • Kostenwahrheit bei der LKW Maut.

Einspruch, euer Ehren!

Ich frage mich aber wirklich: müssen wir so viele Waren hin- und hertransportieren? Machen wir es kurz und schmerzlos: Regionale Wirtschaft, weniger Überproduktion, maßvoller und bewusster Konsum, Kostenwahrheit im Verkehr, schrumpfende Bevölkerungszahlen. Einspruch also: wieso soll da der Verkehr immer weiter steigen?

Innovation und Arbeitsplätze. Mit der Modernisierung und Potenzierung der bestehenden Bahn.

Der Schlüssel zu einer sofortigen Entlastung und zu mehr Lebensqualität liegt vielleicht wieder einmal in echter Innovation. Die bestehende Eisenbahn müsste eigentlich aufgewertet werden, statt auf den technischen Stand der letzten Jahrzehnte hinweg zu dümpeln. Der Bahnhof am Brenner ist illustres Beispiel für die Schlamperei und Geringschätzung des Bahnverkehrs. Die dringend notwendige Modernisierung der bestehenden Bahn würde nur Bruchteile kosten, einen schnelleren Nutzen bringen und mehr Arbeitsplätze schaffen. Und vor allem: Es würde Arbeit bringen, die der heimischen Wirtschaft viel mehr Beteiligungsmöglichkeiten bietet, in Form von Einhausung und Lärmschutzwänden.

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(Kann Südtirol schöneren Lärmschutz bauen? Willi Dörr / Pixelio.de)

Wir könnten sogar einen Exportschlager entwickeln: die Südtirol-Lärmschutzwand und dieSüdtirol-Einhausung. Warum denn nicht? An der Freien Universität Bozen gibt es eine Fakultät für Naturwissenschaften und Technik, an der Eurac ein Institut für Regionalentwicklung mit einer Forschungsgruppe Verkehr und Mobilität, und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik aus Holzkirchen ist mit Südtirol  schon gut vernetzt.

Und wir haben in Südtirol führende Unternehmen des Hoch- und Tiefbaus. Alle zusammen könnten ein Modell für die “Südtirol-Lärmschutzwand” bzw. das “Südtirol-Modul-Einhausung” entwickeln. Dieses Produkt müsste mit konsequenter politischer Unterstützung durch die italienischen Zertifizierungen gebracht werden und mit öffentlichen Pilotprojekten entlang der Brennerachse angeschoben werden. Dies schafft modernes exportfähiges Know-How und ein innovatives Produkt, das zuallererst der Südtiroler Bevölkerung zugute kommt.

Man müsste halt nur drauf kommen. Vielleicht helfen ein paar Stoßgebete bei der Muttergottes in der Tunnel-Kapelle von Baumkirchen.

Christoph Moar

 

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Eine Antwort auf Facebook- Post von Christoph Moar: Der BBT. Am Ende schaut man in die Röhre.

  1. Edith sagt:

    Heilige Muttergottes in der Tunnel-Kapelle von Baumkirchen, bitte für uns!
    Du Spiegel der Gerechtigkeit, bitte für uns!
    Du Sitz der Weisheit, bitte für uns!
    Du geheimnisvolle Rose, bitte für uns!
    Du elfenbeinerner Turm, bitte für uns!
    Du goldenes Haus, bitte für uns!
    Du ehrwürdiges Gefäß, bitte für uns, dass wir am Ende nicht durch die Röhre schauen müssen und dass man der Bau- und Finanzlobby, für die der Tunnel schlussendlich gebaut wird, noch rechtzeitig das Geld einfriert und es für sinnvollere Zwecke verwendet! Mai, da wäre wohl viel zu bitten! Ich fass mich kurz: Schütte einfach Dein vortreffliches Gefäß voll Hirnmasse über Südtirol aus und lass es schnell wirken! Amen!