Arnold Tribus: 40,6 Pozent

Leitartikel Neue Südtiroler Tageszeitung, 08.11.2012 – Würde man am Sonntag wählen, dann würde die erfolgsverwöhnte Südtiroler Volkspartei, die seit dem Jahre 1948 die Geschicke dieses Landes leitet und seit 48 das Land mit absoluter Mehrheit regiert, auf mickrige 40 Prozent kommen. Das sagen die Umfragen des Institutes Gruber & Partner, die auch diese Zeitung veröffentlicht hat. Eine schallende Ohrfeige für die SVP, klar, aber es hätte ja noch schlimmer kommen können, nach dem ganzen Puff, wie wir sagten, nach SEL -Skandal, Rücktritten und dem ganzen Geplänkel um Politikerdiäten und Politikerprivilegien. Das Volk hat sie voll, das ist klar und es erteilt deshalb Denkzettel. 40,6 Prozent ist das bisher schlechteste Wahlergebnis der Partei bei einer Landtagswahl, sie begann 1948 mit 67,7 Prozent und sank dann langsam langsam auf die 60, dann von 59 auf 55 Prozent und bei der letzten Wahl waren es immerhin noch 48,1 Prozent. Immer hat die Partei die Absolute gehalten, sollten sich diese Ergebnisse bewahrheiten, wäre die futsch. Im europäischen Vergleich sind 40 Prozent mehr als ein stolzes Ergebnis wenn man bedenkt, dass die Partei der mächtigsten Frau der Welt, Angela Merkel, bei der Bundestagswahl 2009 27,3 Prozent der Stimmen erhielt und mit den bayrischen CSU -Brüdern auf 33,8 kam, die rote SPD auf 23, die Grünen auf zehn und die FDP ausnahmsweise auf 14. Das soll natürlich die Lage nicht beschönigen, aber man soll die Lage nicht schlechter machen als sie ist. Es liegt nun an der Partei, diesen Denkzettel der Wählerschaft zu verstehen, und nicht einfach wegzustecken. Wenn die Parteibürokraten und Parteihengste aber so tun als sei nichts geschehen und munter weiterstreiten, dann wird sie sich auch von den 40 entfernen. Das Volk ruft nach Erneuerung und es ist ja symptomatisch, dass bei einer ,,Dolomiten“ -Umfrage als mögliche Durnwalder -Nachfolge zwei junge, unverbrauchte Kandidaten die meisten Nennungen erhielten. Der viel befragte Völser Bürgermeister Arno Kompatscher, ein Medienstar, und der ruhige und weise EU -Parlamentarier Herbert Dorfmann, der in Brüssel das Land würdig vertritt. Nun bin ich kein Freund der,, rottamazione“, der Verschrottung , die Politik ist auch kein Mister -Südtirol- Wahl, aber sichtbare Zeichen der Verjüngerung und Erneuerung sind einfach notwendig. Das Volk wünscht einen Neuanfang.

Es könnte nämlich sein, dass sich die Partei nach dem SEL -Skandal bei der Lösung der Energie – und SEL -Frage in einen neuen unaufhörlichen Zwist verwickelt, weil sich zu viele einbilden, des Rästels Lösung zu haben. Da gibt es ja schon Seilschaften und alle glauben Recht zu haben. Die Grünen haben die Patentlösung, das ist klar, die Blauen, die Vintschger, die Ultner, die Eisacktaler, der Theiner, der Rolle, der Mussner, da ist ein weiterer Konflikt vorprogrammiert, da kann Hilfe nur von außen kommen, von einer nicht vorbelasteten Person. Sonst könnte die SEL tatsächlich das Grab der SVP werden. Sie kann aufholen, das ist klar, beim heutigen Stand der Dinge könnte sie ja mit dem Partito Demokratico weiterregieren, aber es ist ja nicht gesagt, dass die Stimmung positiv bleibt. Am Rande der Rai -Diskussion ,,Am runden Tisch“ verwies Toni Ebner auf eine von den ,,Dolomiten“ in Auftrag gegebene Umfrage, die ein erschrekendes Ergebnis für die SVP voraussagt: Sie käme auf mickrige 25 Prozent, die Freiheitlichen auf 27 Prozent, die Grünen auf zehn, die Piraten auf drei. Die Umfrage muss noch vervollständigt werden, aber die Grundtendenz ist eine Katastrophe für die Partei und eine automatische Revolution für das Land. Wir müssten uns in diesem Falle auf eine Landtagshauptfrau Ulli Mair vorbereiten, denn der Partei mit den meisten Stimmen steht es ja zu, die Regierung zu bilden. Frau Mair müsste ja nicht unbedingt die SVP als Koalitionspartner nehmen, sondern die anderen Selbstbestimmungs- und Freistaatparteien, italienische Partner finden sich. Ist das dann das Ende der Autonomie und der Beginn der Revolution Richtung Freistaat?

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Eine Antwort auf Arnold Tribus: 40,6 Pozent

  1. forum sagt:

    40,6 Prozent ist immer noch eine unsinnige und überhebliche Größe, wenn man bedenkt, dass die SVP immer noch einflussreiche Wirtschaftsverbände, Seilschaften und Lobbys bedient. Die SVP ist nach wie vor eine herrschsüchtige Postenschacher – Partei, die nur auf die eigenen Interessen schaut und auf den eigenen Machterhalt. Erst wenn die SVP unter die 30 Prozent Marke fallen wird – da gehört sie auch hin! – wird sich Südtirol zu einer freien, demokratischen Provinz im Herzen Europas entwickeln.

    michl burger