Geldwäsche nimmt stark zu

Süddeutsche Zeitung, 30.10.2012 – In Deutschland gab es noch nie so viele Anzeigen wegen verschleierter Vermögen. Privatleute bieten ihre Konten für illegale Geschäfte an . Auch Immobilienbranche unter Verdacht
Von Markus Zydra

Wiesbaden – Kriminelle nutzen den Standort Deutschland immer häufiger, um illegales Geld zu waschen. Die Zahl der Anzeigen wegen des Verdachtes auf Geldwäsche sei 2011 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 17 Prozent auf knapp 13.000 gestiegen, teilte das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundesanstalt für Finanzierungsdienstleistungsaufsicht (Bafin) am Montag in Wiesbaden mit. Das ist der höchste Stand seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetztes im Jahr 1993. ,, Bei etwa der Hälfte der Anzeigen erhärte sich der Verdacht einer Straftat“, sagte BKA -Präsident Jörg Ziercke.

Dabei stellen immer häufiger Privatpersonen ihre Bankkonten kriminellen Organisationen für Geldwäsche zur Verfügung. Die Zahl dieser ,, Financial Agents“ ist 2011 laut BKA auf die Rekordzahl von 4.000 gestiegen – das sind 30 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Angelockt durch hohe Provisionen überweisen diese Personen auf ihre Privatkonten eingehende Gelder weiter ins Ausland, um so deren Herkunft zu verschleiern.

,, Sich als Financial Agent anwerben zulassen und damit schnelles Geld verdienen zu wollen, ist nur vermeintlich ein lukratives Geschäft“, sagte Ziercke. Finanzagenten drohten nicht nur Strafen wegen Geldwäsche, sondern auch Schadensersatzansprüche der Geschädigten. Geldwäsche bedeutet, dass illegal erworbenes Geld zurück in den legalen Wirtschaftskreislauf geschleust wird. Das BKA schätzt das Volumen in Deutschland auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.

90 Prozent der Anzeigen wegen Geldwäscheverdachtes werden von Finanzinstituten erstattet, die ungewöhnliche Geldbewegungen auf Konten melden müssen.,, Mit den Anzeigen aus dem gewerblichen Sektor sind wir aber nicht zufrieden“, sagte Ziercke. Immer häufiger schleusten Kriminelle ihr illegal erworbenes Vermögen über den Kauf von Schmuck, teuren Autos und Immobilien zurück in den Wirtschaftskreislauf. Diese Sparten seien zwar weniger reguliert als die Finanzbranche, gleichwohl müssten auch sie – genauso wie Banken – verdächtige Geschäfte anzeigen. ,,Im deutschen Immobiliensektor gibt es entweder zu wenig Wissen oder zu wenig Sensibilität für das Problem der Geldwäsche“, sagte Ziercke. ,,Wir werden deshalb auf den Sektor zugehen, um die Möglichkeiten der Erkennung von Geldwäsche beim Immobilienkauf zu vertiefen.“

Einen Erfolg vermeldete das BKA bei der Sicherstellung von Vermögen ehemaliger Regierungsmitglieder aus Ägypten und Tunesien. Nachdem die dortigen Machthaber im Zuge der arabischen Revolution ihre Positionen hatten räumen müssen, überwiesen sie ihre mutmaßlichen illegal erworbenen Vermögen auf deutsche Bankkonten oder kauften Immobilien in Deutschland. ,, Wir haben das Geld und die Immobilien gesichert, die Prüfung über die Art der Rückführung ist aber noch nicht abgeschlossen, sagte Ziercke.
Der BKA -Präsident ging auch auf die Kritik italienischer Behörden ein, man kümmere sich in Deutschland zu wenig um Geldwäscheaktivitäten der Mafia. ,, Italien liefert uns zu wenig Belege, etwa aus Kronzeugen – Vernehmungen, außerdem ist die Rechtslage in Italien völlig anders“, sagte Ziercke. In Italien gelte die Beweislastumkehr. Die Mafia müsse belegen, wo sie ihr Geld herhabe, was die Arbeit der Ermittler deutlich erleichtere.

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