Zwei Referenden und ein Volksbegehren: Politikergehälter und Direkte Demokratie

Zwei Referenden zu den Gehältern unserer Landtags- und Regionalratsabgeordneten und ein Volksbegehren zur Direkten Demokratie in Italien! Welche Politiker wollen wir? Von hohen Gehältern angezogene oder zur Arbeit fürs Gemeinwohl berufene Politiker? Solche, die nur über uns hinweg oder solche, die mit uns regieren können?

Ein Trentiner Promotorenkomitee hat es möglich gemacht: Wir sind nicht hilflos der Selbstherrlichkeit der regierenden Politiker ausgeliefert, die sich ihre Gehälter ohne die Zustimmung ihrer Auftraggeber, der Bürgerinnen und Bürger festlegen. Seit kurzem und bis Anfang Juni können in den Gemeindehäusern aller Gemeinden unseres Landes zwei Anträge unterschrieben werden, um in einer Volksabstimmung über das Regionalgesetz zu entscheiden, mit dem die Gehälter unserer Landtags- und Regionalratsabgeordneten geregelt sind. Werden in der gesamten Region Trentino-Südtirol innerhalb 2. Juni 15.000 Unterschriften gesammelt, dann können alle Wahlberechtigten in der Region mit einem Referendum darüber entscheiden, ob das Tagegeld im Ausmaß von ungefähr einem Drittel des Gehaltes gestrichen werden soll und/oder ob mit der vollständigen Abschaffung des Regionalgesetzes die Materie zur Gänze neu zu regeln ist.

Diese Referendumsanträge sind ein beredtes Beispiel dafür, wie jetzt in ganz Italien die, wenn auch schwierig anwendbaren, direktdemokratischen Instrumente vor allem auch verwendet werden, um das völlig verkommene politische System dieses Landes von Grund auf zu erneuern und die Demokratie zu beleben. Diese Erneuerung beginnt sicher damit, dass wir die Bedingungen ändern, unter denen für jemanden ein politisches Mandat anstrebenswert ist.

Anstrebenswert kann es sein, weil man dort vor allem und, einmal gewählt, automatisch besondere Privilegien genießt und Macht ausüben kann oder aber, weil man meint, für Mitmenschen Wertvolles erreichen zu können. Ersteres ist heute bei uns garantiert, letzteres keineswegs. Deshalb haben wir vor allem unter den Politikern der regierenden Mehrheit Menschen, die vor allem wegen dieser Privilegien sind, wo sie sind und die darauf nicht verzichten wollen.

Eine andere entscheidende Möglichkeit zu einer qualitativ wertvolleren politischen Vertretung zu kommen ist, die direkte Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger zu vergrößern: Je größer unser Einfluss, desto mehr werden wir Politiker haben, die fähig und willens sind, mit uns zu regieren. Also sicher nicht mehr ein Luis Durnwalder, der wissen ließ, dass er mit Direkter Demokratie, also mit der Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger nicht regieren könne.

Für ein staatsweites Volksbegehren, mit dem in der italienischen Verfassung solche neue Möglichkeiten vorgesehen werden sollen, werden jetzt bis Mitte Juli 50.000 Unterschriften gesammelt. Auch dafür liegen in den Gemeinden die Unterschriftenbögen auf und ist somit allen Wahlberechtigten die einfache Möglichkeit gegeben, aktiv zu einer Erneuerung des politischen Systems beizutragen. Sich selbst zum Unterschreiben zu bewegen und Mundwerbung sind hier wichtiger denn je: Aufgrund der geltenden Regeln ist es schwierig, Beglaubiger zum Sammeln auf der Straße zu finden und die Belastbarkeit für Sammler hat auch Grenzen. So sind diese Initiativen auch eine Möglichkeit zur Einübung von zivilgesellschaftlichem Engagement, ohne das es nur den allgemeinen Verfall gibt.

Stephan Lausch, 28.04.2012

Unterschriften werden in allen Gemeinden gesammelt (Wahlamt / Meldeamt).
Bruneck: Wahlamt, Haupteingang links, Montag bis Freitag 8.30-12.30 Uhr.

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