TT: Sparpaket lässt Tunnel wackeln

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Einsparungspotenzial von 5,2 Mrd. Euro für die Länder bringt Tirols Regierung nicht aus der Ruhe. Aber Realisierung des Brennertunnels soll erneut in die Länge gezogen werden. Was zu enormen Mehrkosten führen könnte.

Innsbruck – Gelassenheit, wenn es um den Beitrag der Länder zum 27-Milliarden-Euro-Sparpaket zur Reduzierung des Maastricht-Defizits geht, aber erneut Aufregung um den Brennerbasistunnel. Zwischen diesen beiden Gefühlswelten pendelt derzeit die Tiroler Landesregierung. Das von den Ländern geforderte Einsparungspotenzial von 5,2 Milliarden Euro bringt die Regierungsspitze nicht aus der Ruhe, „wir müssen sicher kein Tiroler Sparpaket schnüren“, betont Finanz-LR Christian Switak (VP). Mit dem Budgetpfad steuert das Land 2013 auf einen ausgeglichenen Haushalt zu – und der ist Garant dafür, dass die Maastrichtziele bzw. das erlaubte Defizit eingehalten wird. Und nicht nur das. „Wir liegen sogar weit unter den Vorgaben, weshalb wir nicht gegensteuern müssen“, fügt Switak hinzu. Noch sei alles Spekulation. Während heuer die Nettoneuverschuldung noch 22,2 Mio. Euro beträgt, soll sie 2013 auf null sinken.

Tirol ist laut Switak in der Lage, das Sparpaket zu stemmen, „ohne dass wir die Bevölkerung belasten müssen“. In den nächsten Tagen wird jetzt verhandelt, wie die Vorgaben des Bundes im Stabilitätspakt bis 2016 umgesetzt werden. Ein eigenes Kapitel ist die Spitalsfinanzierung. Da will der Bund die jährlichen Steigerungen auf 3,5 Prozent deckeln, die Spitalserhalter (Länder bzw. Gemeinden) müssten, wenn notwendig, die Finanzierungslücken schließen.

Für LH Günther Platter (VP) und seinen Regierungsvize LHStv. Hannes Gschwentner (SP) hat sich der Weg „der Tiroler Sparsamkeit“ gelohnt. Einschnitte soll es nicht geben. Einsparungen bei der Wohnbauförderung von rund 260 Mio. Euro sind für Wohnbaureferent Hannes Gschwentner kein Thema. Nicht ganz glücklich ist Platter über die neue Umwidmungssteuer, die lediglich zum Stopfen der Budgetlöcher verwendet wird, „und damit die Grundpreise in die Höhe treiben wird“.

Treffen könnte es hingegen die Tiroler Bauern, wenn der Bund Förderungen streicht und damit die Kofinanzierung für Umwelt bzw. Ausgleichsmaßnahmen wegfallen. 124 Millionen Euro erhalten sie derzeit jährlich als Leistungsabgeltung.

Das größte Sorgenkind ist allerdings der Brennerbasistunnel. Diese Woche soll es noch einmal ein Gespräch zwischen LH Günther Platter und VP-Vizekanzler Michael Spindelegger geben. Der Bund will die Bauphase erneut in die Länge ziehen, indem der Baubeginn für die beiden Hauptröhren dreieinhalb Jahre nach hinten verschoben wird. Statt 2016 würden dann erst 2019/2020 die Bagger auffahren. Die Auswirkungen wären fatal, die Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro ebenfalls.

ÖVP-NR und Rechnungshofsprecher Hermann Gahr spricht bereits von einer Brüskierung der Tiroler Bevölkerung. „Das kann es wohl nicht sein. Damit würde die Bundesregierung ein wichtiges europäisches Schieneninfrastrukturprojekt auf die lange Bank schieben.“

350 Mio. Euro an Mehrkosten jährlich

Vorstandsdirektor der Brennerbasistunnel-Gesellschaft (BBT SE) Konrad Bergmeister bezifferte die Zusatzkosten am Mittwoch ebenfalls auf „280 bis 350 Mio. Euro“ pro Jahr. Zudem müssten die laufenden Arbeiten reduziert werden. „Sie könnten nur mehr auf Sparflamme vorangetrieben werden“, sagte der BBT-Chef. Im Falle der Verzögerung falle auch die von der EU in der nächsten Finanzperiode in Aussicht gestellte Finanzierung von bis zu 40 Prozent weg, erklärte Bergmeister.

„Der Brenner-Basistunnel ist ein offiziell genehmigtes Projekt. Der offizielle Baustart war am 18. April 2011″, betonte Bergmeister. 400 Mio. Euro habe man bisher schon investiert, zu weiteren 115 Mio. habe man sich vertraglich verpflichtet. 700 Mio. Euro habe man bisher bereits weniger ausgegeben, da etwa die Startphase des Baus verschoben werden musste. Zudem könne man unter anderem durch den Wegfall einer Überholmöglichkeit sowie von Überleitstellen 200 bis 300 Mio. Euro einsparen, stellte der BBT-Vorstand in Aussicht.

Er bleibe jedenfalls trotz der Sparüberlegungen der Bundesregierung gelassen. „Ich bin seit 2006 im Amt und seither hat es jedes Jahr geheißen, der Tunnel habe keine Zukunft. Großprojekte haben das an sich“, meinte Bergmeister. Außerdem stehe die italienische Regierung hinter dem BBT. „Bei einer Besprechung im Infrastrukturministerium im Jänner in Rom sprach man sich sogar für eine Beschleunigung des Bauvorhabens aus“, berichtete der Vorstandsdirektor. (pn, APA)

Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom Mi, 08.02.2012

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