E-Werk an der Ahr: Gefährliche Ruhe

TZ, 310112

Gefährliche Ruhe

Auch wenn die Gemeinden Sand in Taufers und Ahrntal kein neues E-Werk an der Ahr wollen, die Gefahr ist längst nicht abgewendet. Bis vorgestern durften neue Projekte eingereicht werden. Der Handlungsspielraum für die Gemeinden ist gering, aber auch der Landesregierung sind Grenzen gesetzt.

von Silke Hinterwaldner

Die Frist ist abgelaufen. Bis zum Sonntag konnte jeder, der zwischen Luttach und Sand in Taufers Wasser zu Strom machen möchte, ein Projekt abgeben. Denn: Ende Dezember hatte der Lokalaugenschein stattgefunden, bei dem über drei, bereits vorliegende Pläne geredet wurde. Danach haben alle Konzessionswerber noch 30 Tage Zeit, um aktiv zu werden.

Dies alles, obwohl der Widerstand gegen den Bau eines neuen Kraftwerkes an diesem Abschnitt der Ahr breit angelegt ist. Die Gemeinden Sand in Taufers und Ahrntal haben Beschlüsse gefasst, um die Ahr zu schützen. Eine Bürger­initiative ist sehr engagiert im Kampf gegen das E-Werk, und auf höherer politischer Ebene finden sich auch kaum Fürsprecher für ein Werk an diesem landschaftlich schönen Abschnitt der Ahr.

Aber damit ist es nicht getan. Wie die Beispiele bei der Erweiterung der Schottergrube am Eingang zum Pragser Tal oder die umstrittene Konzession bei der Klamme im Ahrntal gezeigt haben, kann man sich die Bewilligung für den Bau auch gerichtlich erstreiten. „Der zeitliche Verzug bei der fristgerechten Behandlung der Gesuche und die mangelnde Anpassung der Landesgesetze an die EU-Richtlinien könnte der Stolperstein und damit der entscheidende Faktor für den Bau dieses Werkes sein“, fürchtet Hans Rieder. Der ehemalige Gemeindereferent im Ahrntal warnt davor, der Bevölkerung vorzugaukeln, der Bau des Werkes sei verhindert worden. Auf der einen Seite gibt es die EU-Bestimmungen, die die Liberalisierung des Strommarktes für ganz Europa regeln. Und auf der anderen Seite haben die Rekurssteller beim Wassergericht in Rom durchaus Aussicht auf Erfolg. Die genannten Präzedenzfälle sprechen eine klare Sprache.

„Eines bleibt sicher“, sagt Rieder, „die Gemeinden Sand in Taufers und Ahrntal werden wenig Einfluss auf die Entscheidung haben und müssen natürlich auch zuschauen, falls das Werk gebaut wird.“ Für völlig unzureichend hält er die Informationspolitik der Gemeinden, insbesondere jene des Ahrntales. Bürgermeister Helmut Klammer sei unglaubwürdig, weil er im Vorfeld der Gemeindewahl Transparenz versprach, dann aber nicht über den geplanten Bau des Werkes informiert habe. Und: „Zudem hat er selbst die Finger in den Marmeladetöpfen der Energie und gibt sich dann streng, wenn er seine Schäfchen im Trockenen hat.“

Was an der Ahr wieder  einmal zum Problem werden könnte, ist der fehlende Wassernutzungsplan. Mit einem solchen Instrument könnte die Stromgewinnung aus Wasser in die gewünschten Bahnen gelenkt werden. Aber die Landesregierung hat bislang keinen Wassernutzungsplan verabschiedet. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nur klar: Der Kampf gegen das Wasserkraftwerk an der Ahr muss weitergehen. Die Gefahr ist längst nicht gebannt.

Foto: An der Ahr: Kein Wassernutzungsplan als Grundlage

Hans Rieder: „Finger in den Marmeladetöpfen der Energie“ Wie die Beispiele bei der Erweiterung der Schottergrube in Prags oder die Konzession an der Ahr bei St. Peter gezeigt haben, kann man sich eine Baubewilligung auch gerichtlich erstreiten.

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