Durra-Alm: Neue Erschließungsstraße im Naturpark?

Stellungnahme HPV 2011

Seit längerem besteht die Bestrebung, eine Erschließungsstraße zur Durra-Alm oberhalb von Knutten in Rein zu bauen. Es handelt sich dabei um eine Trasse auf dem viel begangenen Reiner Höhenweg, welcher auf einer Höhe von 2100 bis 2200 m verläuft.
Dieses Vorhaben wurde bisher folgendermaßen bewertet:

  • Eindeutige Ablehnung von Seiten des Amtes für Naturpark!
  • Negatives Gutachten der Gemeindebaukommission von Sand in Taufers!!
  • Heftiger Widerstand der 4 Vertreter des Dachverbandes im Führungsausschuss des Naturparkes Rieserferner-Ahrn.

Folgende Überlegungen sprechen gegen dieses Projekt:

  • Beim Reiner Höhenweg handelt es sich um einen 3 km langen Rest eines wunderschönen kulturhistorischen Wanderweges, der besonders auch für den Tourismus von großer Wichtigkeit ist. Dieser Weg würde durch eine Straße zerstört und für Wanderer unattraktiv werden.
  • Statt eines Steiges sollte eine Straße mit einer Breite von 2,70 + 50 cm Bankett= 3,20 m entstehen. Dazu kommen auf einigen Abschnitten bergseitige Wassergräben mit einer Breite von bis zu 1,50 m. Das ergibt zusammen 4,70 m Breite!
  • Das betroffene Gebiet ist mit Steinen durchsetzt und es gibt zahlreiche Rinnsale, Bächlein und Wasserstellen. Der Bau der Straße durchquert viele dieser Oberflächengewässer und stellt diesbezüglich einen nicht zu unterschätzenden Eingriff in den Wasserhaushalt dieses Gebietes dar.
  • Für die Durra-Alm ist eine Straße wirtschaftlich kaum notwendig, weil dort bereits eine Materialseilbahn vorhanden ist! Die Alm wird vor allem touristisch stark genutzt und hat deshalb keine Zukunftssorgen.
  • In der Mitte des geplanten Weges liegt die obere Almhütte des Hirber-Hofes. Der Name Innerhütten sagt vieles über deren Bedeutung. Es ist ein baulich typischer und interessanter Zusatzstall für die Hochweide. Die eigentliche Almhütte des Hirber-Hofes mit Stall ist bereits fahrtechnisch erschlossen und liegt am Ende der heutigen Almerschließungsstraße.
  • Die Erschließung einer oberen Alm wäre auch ein Präzedenzfall, da es im Ahrntal bereits mehrere solcher Ansuchen gibt, welche bisher abgelehnt wurden (z.B. obere Poinland-Alm in St. Peter).
  • Durch Zufahrtwege entstehen oft erst gewisse negative Folgeerscheinungen: Planierungen, Entwässerungen, Futter- und Gülletransport, Milchlieferung, Abriss urtümlicher Almhütten und Neubau in oft unpassender kitschiger Form. Damit geht der Charakter einer Alm verloren. Aus Erfahrung weiß man zudem, dass in der Folge von Zufahrtsmöglichkeiten meist auch eine intensivere Almbewirtschaftung mit Gülleausbringung einhergeht. Dadurch verschwindet oft die wertvolle Flora, die man vorgibt, erst durch eine Erschließung erhalten zu können.
  • Eine Genehmigung wäre auch ein zusätzlicher Präzedenzfall, weil in Rein seit längerem Bestrebungen für die Erschließung weiterer Almen im Gange sind: u.a. obere Kofler-Alm (der Rekurs gegen die Ablehnung liegt derzeit bei der Landesregierung), Almen unterhalb der Kasseler-Hütte. Außerdem gibt es im gesamten Ahrntal noch mehrere nicht erschlossener Almen, wo dann sicherlich auch gebaut würde.
  • Das Durra-Alm-Gebiet steht unter einem doppelten Naturschutz: Naturpark und Natura-2000-Gebiet. Die Verpflichtung für ein Natura-2000-Gebiet besteht darin, das Gebiet in seinem Naturwert zumindest nicht zu verschlechtern. Der Bau der Straße garantiert das keineswegs, im Gegenteil, die Eingriffe in die Natur und die befürchteten Folgeerscheinungen werden die Ursprünglichkeit und den Naturwert vermindern.
  • Die geplante Straßentrasse ist als Traktorstraße konzipiert. Der Begriff „Traktorstraße“ enthält allerdings keine spezifischen Merkmale wie Breite u. Steigung und in der Praxis sind Traktorstraßen meist auch LKW-tauglich (wie die Forst bestätigt hat).
  • Verkehr: Wenn es Straßen gibt, dann gibt es meist auch zu viele Fahrergenehmigungen für verschiedenste Personen und Kategorien (Bauern, Pächter, Jäger, Gäste, …).
  • Finanzierung: Der Grund für diesen Druck von Seiten der Besitzer zur Straßenerschließung ist leicht verständlich: Die Kosten dafür zahlt fast ausschließlich das Land und sogar die Projektierung und Bauleitung übernimmt die Forstbehörde! In manchen Fällen wird auch die Instandhaltung vom Naturpark durchgeführt. Zum Vergleich: in Bayern gibt es für private Almwege maximal 25 % öffentlichen Beitrag! Für Interessentschaften max. 45%. In Bayern sind 13% der Almen ohne Zufahrt! Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass bei uns privates Interesse befriedigt wird und dabei die Ziele der Unterschutzstellung auch noch beeinträchtigt werden.
  • Die oftmalige arrogante Drohung mancher Bauern, unerschlossene Almen aufzulassen, kann nicht unwidersprochen bleiben. Deshalb soll auch einmal gesagt werden: Nicht jede Alm muss zwingend weiter bewirtschaftet werden, gerade wenn Eingriff und Kosten unverhältnismäßig sind! Im Übrigen gibt es auch extensive und problemlosere Bewirtschaftungsweisen mit Schaf- und/oder Ziegenhaltung, was sich gerade hier eignen würde.
  • Bei der Argumentation für einen Weg wird von großen Almflächen gesprochen, welche sonst nicht mehr bewirtschaftet werden können. In Wirklichkeit sind aber ausgedehnte Flächen bereits verstraucht und werden wohl auch künftig nicht mehr genutzt werden können. Dies ist auch bei den bereits erschlossenen Almen oberhalb von Rein gut sichtbar. Insofern muss dieses Argument stark relativiert werden.
  • Leisten wir uns doch die letzten verbliebenen unerschlossenen Almen und unterstützen diese in anderer Form, denn für solche speziellen Fälle braucht es eine neue Ausrichtung der Landwirtschafts- und Förderungspolitik.
  • Als Alternative müsste der bestehende Wanderweg auf jeden Fall für den Viehtrieb hergerichtet und die extensive Bewirtschaftung der Alm noch stärker gefördert werden.

Schlussfolgerung:

Die Eingriffe in die Landschaft und manche Folgeerscheinungen stehen in keinem Verhältnis zum dargestellten Nutzen für die Bewirtschaftung der Alm. Die Landschaftsschutzkommission hat ja die Eingriffe in die Natur zu bewerten und sollte dabei besonders die Fachleute des Amtes für Naturpark unterstützen. Das Prädikat Naturpark sollte uns schlussendlich Verpflichtung sein, besonders behutsam mit dieser Landschaft umzugehen.
Andernorts werden teure Erlebniswege gebaut – hier besteht bereits einer, den es nur zu erhalten gilt.

Albert Willeit
Heimatpflegeverband Bezirk Pustertal – Ausschussmitglied
Mitglied im Führungsausschuss des Naturparkes Rieserferner-Ahrn 27.7.2011.

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Eine Antwort auf Durra-Alm: Neue Erschließungsstraße im Naturpark?

  1. hermann taber sagt:

    Also die Argumente gegen diese Erschliessung sind erdrückend und somit muss man da gar keine neuen erfinden.
    Die Natur ist so schön und wertvoll,es lohnt sich für Sie zu kämpfen.
    HT