Hotel Post Sexten: Loch auf dem Platz, TZ, 080711

TZ, Freitag, 8. Juli 2011

Loch auf dem Platz

Doch kein echter Holzmeister? Besitzer und Experten streiten sich, ob das Hotel „Post“ in Sexten tatsächlich nach den Entwürfen von Architekt Clemens Holzmeister errichtet worden sei.
Indes wurde das Gebäude abgerissen.
von Silke Hinterwaldner

Seit gestern gibt es nichts mehr zu retten. In Sexten sind die Bagger aufgefahren, um das Hotel „Post“ dem Erdboden gleichzumachen. Damit ist der Holzmeister-Bau auf dem Sextner Dorfplatz endgültig Geschichte.

Aber hat Architekt Clemens Holzmeister den Bau auch tatsächlich geplant? „Dafür gibt es keinen Beweis. Es gibt keinen von ihm signierten Plan. Insofern ist das alles für mich nichts weiter als ein Gerücht.“ Das sagt ein Inhaber des Gebäudes, Günther Niederkofler. Der Zahnarzt aus Bruneck hat das alte Hotel „Post“ gemeinsam mit seiner Schwester Beatrix von den Eltern geerbt. Lange Zeit wussten die Geschwister Niederkofler nicht recht, was sie damit anfangen sollten: Schon vor zehn Jahren haben sie ein Bauprojekt ausarbeiten lassen, aber das sagte ihnen ganz und gar nicht zu. So warteten sie ab, um vor einem Jahr einen zweiten Versuch zu starten. Die neue Idee sieht den Abriss des Gebäudes vor und den Neubau eines großen Apartmenthotels mit Res­taurant und Geschäftsräumen.

Das Schicksal war bereits besiegelt, da kamen Warnrufe von Architekten und Denkmalpflegern: Das Hotel „Post“ aus der Feder von Clemens Holzmeister dürfe keinesfalls zerstört werden. Zu wertvoll ist das architekturhistorische Erbe.

Jeden Zweifel an der Echtheit des Baus lassen sie nicht gelten. „Es wurde nicht vollständig ausgeführt, wie im ersten Entwurf von Holzmeister vorgesehen, aber der  Architekt hat den Bau zweifellos ausgeführt“, sagt Oswald Zöggeler.  Der Bozner Architekt verweist auf eine Zeichnung, die Holzmeister im Jahr 1926 eigenhändig angefertigt hat und die heute in der Albertina in Wien zu sehen ist.

Beim Hotel „Post“ in Sexten soll es sich um den ersten Bau des später berühmt gewordenen Architekten aus Nordtirol handeln. Der geschichtliche Hintergrund: Monika, die Schwester von Clemens Holzmeister, war mit dem „Post“-Wirt Hans Stemberger verheiratet. Im Auftrag des Schwagers hat der junge Architekt zu planen begonnen, nachdem das alte Gasthaus im Ersten Weltkrieg zerstört worden war. Das Hotel „Post“ trägt die Handschrift von Clemens Holzmeister, auch wenn das Gebäude nicht zu seinen Meisterwerken zu zählen ist. In seinem Antrag für die Zulassung zur Dissertation schrieb Holzmeister im März 1919, dass er damit befasst sei, den zerstörten Gasthof „Post“ wieder aufzubauen.

Nebenbei hat Holzmeister damals in Sexten das Zimmer des Bürgermeisters gestaltet, er beteiligte sich am Entwurf für eine neue Friedhofsanlage, und er entwarf für die Kirche in Sexten-Moos einen neuen Turm.

20 Jahre lang war das Hotel „Post“ nun schon nicht mehr in Betrieb. „Viele Jahrzehnte“, sagt Mitinhaber Günther Niederkofler, „haben wir versucht, alles zu erhalten. Aber eine solche Struktur kann man nicht wirtschaftlich führen.“  Wie das neue Apartmenthotel aussehen wird, kann Niederkofler noch nicht im Detail sagen. „Aber“, sagt er, „wir werden darauf achten, dass es dem Gesamtbild des Dorfes wohltuend zugute kommt.“

REAKTIONEN

„Im März“, erklärt Hans Peter Stauder von der Bürgerliste, „hat der Gemeinderat von Sexten eine Abänderung des Bauleitplanes, betreffend den Ensembleschutz im Gemeindegebiet, einstimmig beschlossen.“ Die einzige Bauzone, die mit dem Ensembleschutz belegt wurde, ist der Kernbereich der Ortschaft Sexten-St. Veit. Der Bereich umfasst die Pfarrkirche, den Friedhof, das Widum, die alte Schule, das Pfeifhoferhaus, das Rathaus, den Gasthof „Zur Post“ und das Rudolf-Stolz-Museum. „Nun stellt sich die Frage“, sagt Stauder, „warum nach wenigen Monaten der Ensembleschutz einfach über Bord geworfen wird und der Charakter des Dorfzentrums durch den Abriss des Hotel „Post“ unwiederbringlich verändert wird.“ Der Bürgermeister habe in diesem Fall nur eines im Auge: Er wolle unbedingt eine Tiefgarage in der Nähe des Zentrums errichten. Stauder sagt: „Sexten verliert mit Bürgermeis­ter Fritz Egarter immer mehr an Authentizität und dadurch auch an Attraktivität.“

„Beim Hotel ‘Post’“, sagt Albert Willeit vom Heimatpflegeverband Pustertal, „handelt es sich um einen stattlichen Gasthof, der in den 20er-Jahren wieder aufgebaut wurde, und zwar nach Plänen des berühmten Architekten Clemens Holzmeister.“ Das Gebäude steht im Zentrum von Sexten direkt gegenüber dem Rathaus, das vor einigen Jahren vorbildlich restauriert wurde und so mit Kirche und anderen Gebäuden ein Ensemble erster Güte bilde. Der Abbruch dieses prägenden Baues zerstöre das  Ortsbild von Sexten an diesem wichtigen Platz. „Es kann nicht sein“, so Willeit, „dass alles der Gewinnmaximierung geopfert werden muss, gerade in einem Tourismusort wie Sexten, der von der wunderbaren Landschaft, aber auch von seiner überlieferten Baukultur lebt.“

Eva Klotz von der SüdTiroler Freiheit  schließt sich den Pro­tes­ten gegen die Zerstörung des Ensembles in Sexten-St. Veit durch den Abriss des Hotel „Post“ an. Sie hat dazu eine Anfrage im Landtag eingebracht:  „Wie ist es möglich“, fragt sie,  „dass in diesem konkreten Fall der Ensembleschutz nach wenigen Monaten einfach über Bord geworfen und der Charakter des Dorfzentrums durch den Abriss des Hotel ‘Post’ unwiederbringlich verändert wird?“

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Eine Antwort auf Hotel Post Sexten: Loch auf dem Platz, TZ, 080711

  1. Jürgen sagt:

    Wohin man schaut – Südtirol schafft sich ab und verliert seine Identität.
    So mein Empfinden als „nur“ langjähriger Tourist. Wie muss man das wohl vor Ort empfinden? Leider berührt es scheinbar zu wenige.