Bayern: BBT kein Thema

PM Grüne Landtagsfraktion, 30.06.2011

„Der BBT ist kein Thema.“ Südtirols Grüne treffen im bayerischen Landtag Abgeordnete von Grünen und SPD.

Zur selben Zeit, als im piemontesischen Susatal 2.500 Polizisten gewaltsam den Widerstand von Umweltschützern brachen, trafen sich vor wenigen Tagen im Bayerischen Landtag in München Vertreter der Südtiroler Grünen und von Bürgerinitiativen aus Bayern, Tirol und Südtirol zu einer Aussprache über den Brennerbasistunnel und über die TEN-Strecke Berlin–Palermo.

„Der BBT ist für uns kein Thema!“ erklärte Martin Runge, der Co-Vorsitzende der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Bayerischen Landtag. Er begrüßte im Maximilianeum in München gemeinsam mit seiner Kollegin Margarethe Bause und dem Abgeordneten Uwe Scheuhing, Referent für Verkehr und Klimaschutz, die Delegationen aus dem Bundesland Tirol und aus Südtirol . Aus Südtirol waren die L. Abg. Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba gemeinsam mit Sepp Kusstatscher, Co-Vorsitzender der Grünen-Verdi-Vërc, angereist, ebenso der Tiroler Landtagsabgeordnete Georg Willi und mehrere Vertreter von Umweltgruppen.

Wie die bayerischen Grünen darlegten, sei der BBT ist für die Bayern kein Thema: Deutschland habe ganz andere verkehrspolitische Anliegen, während der BBT und die Zulaufstrecke von München bis Kufstein absolut keinen Vorrang hätten.

Ein anschließendes Zusammentreffen mit Maria Noichl, SPD-Abgeordnete aus Rosenheim, machte den Tirolern und Südtirolern nochmals klar, wie gering der Stellenwert des Megaprojektes in Bayern ist. Die Rosenheimer SPD-Vertreterin wusste über den BBT kaum Bescheid, in ihrer Gegend gebe es jedoch Widerstand gegen das Projekt einer eventuellen zusätzlichen Eisenbahn, die an Rosenheim vorbeifahren solle. Die Informationen der Tiroler und Südtiroler Delegation nahm Abg. Noichl dankbar auf.

Spontane Übereinstimmung fand die Bewertung des BBT als einer „Kathedrale in der Wüste“. Das Projekt sei bei so vielen, in absehbarer Zeit noch verschärften Sparmaßnahmen und äußerst knappen Mitteln für eine Modernisierung und Potenzierung bestehender Eisenbahnstrecken reine Geldverschleuderung und eine Illusion.

Beim eingehenden Blick auf die Details traten die Widersprüche zwischen Ankündigungen und Versprechungen der BBT-Befürworter und den Tatsachen immer klarer hervor.

  • Der Bau der Zulaufstrecken liege überall in weiter Ferne, da z.T. nicht einmal der Verlauf der Trassen für die geplante Hochgeschwindigkeitsbahn festgelegt würde. Jedenfalls gäbe es noch nirgends ein Ausführungsprojekt mit halbwegs abgesicherter Finanzierung. Die neue Trasse zwischen Wörgl und Innsbruck lasse sich auch nicht als Zulaufstrecke für den BBT betrachten, da der Abschnitt wegen des Nord-Süd- und des Ost-Wests-Verkehrs bereits jetzt schon überaus hohe Zugfrequenzen zu bewältigen habe.
  • Für die Bahnexperten der Runde stand fest, dass keine der sog. „Hochleistungsstrecken“ in Europa für Personen-Hochgeschwindigkeitszüge und gleichzeitig für Güterzüge verwendet werden könnte, auch wenn die Strecken evtl. für Mischverkehr konzipiert und gebaut worden sind. Es wurde als verantwortungslos empfunden, dass immer wieder behauptet wird, dass der BBT für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene gebaut würde. Die neue Strecke von Berlin bis nach Süditalien diene für schnelle Personenzüge, damit auf den bestehenden alten Bahnstrecken die alten und klapprigen Güterzüge freie Fahrt hätten. Entgegen aller Versprechungen sei geplant, die lauten Züge durch die Ortschaften und durch die engen Täler fahren zu lassen, während moderne Personenzüge großteils unterirdisch zwischen München und Verona dahinflitzen sollten – ein perverses Vorhaben.
  • Des Weiteren war die „Münchener Runde“ einhellig der Meinung, dass bei so knappen Geldmitteln (die Bundesrepublik fördert die Großprojekte im Bahnverkehr pro Jahr bloß mit rund einer Milliarde Euro!) die großspurigen Versprechungen für den Bau des BBT und der Zulaufstrecken sicher nicht eingehalten werden können. So wird in der Schweiz bis 2018 der Gotthard-Tunnel und die neue Bahn bis Basel sowie bis nach Chiasso fertig gestellt, aber das deutsche bzw. das italienische Schienennetz sei bis dahin keineswegs so weit, dass die Züge durch das Rheintal bzw. nach Mailand weiterfahren können.

Als Alternative erachten die Grünen von München bis Bozen, zunächst die bestehenden Bahnen zu modernisieren und zu potenzieren. Der Güterverkehr durch Kostenwahrheit solle auf die kürzesten Strecken zurückgedrängt werden und die Fahrten durch die Einführung einer Alpentransitbörse kontingentiert werden. Überfällig sei eine Angleichung der Maut zwischen München und Verona und ein durchgehendes Nachtfahrverbot, um die Überlastung der Brennerstrecke abzubauen.

Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger sowie Natur und Umwelt müssten Vorrang haben vor den kurzfristigen Interessen der Wirtschaft.

Bozen, den 30. Juni 2011

Sepp Kusstatscher, Co-Vorsitzender der Grünen-Verdi-Vërc
Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss, Landtagsabgeordnete

von links Hans Heiss, LA Grüne Südtirol; Sepp Kusstatscher, Co-Vorsitzender Grüne Südtirol; Dr. Volker Leib, Mitarbeiter Dr. Anton Hofreiter MdB; Margarete Bause MdL Bayern; Evelyn Schlögl, Obfrau Initiative Lebenswertes Wipptal; Georg Willi, LA Grüne Tirol;; Lothar Gamper, Initiative Lebenswertes Wipptal; Uwe Scheuhing, Referent für Mobilität und Klimaschutz; Bayern; Riccardo Dello Sbarba, LA Grüne Südtirol; Claudio Campedelli, Gruppe No-TAV - Kein BBT, Bozen-Trento

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