Denkmäler: Rechte Seilschaft

TZ, 020211

Der Kapuziner Wastl schmiedet eigenartige Allianzen: Von den Alpini bis zu den Freiheitlichen kämpfen alle dafür, dass das Denkmal bleiben darf. Der Durnwalder-Vorschlag findet keine Zustimmung.

Von Silke Hinterwaldner

An jenem 25. April 2009 demonstrierten die Schützen in Bruneck. Der Zug durfte nicht in die Nähe des Kapuziner Wastl kommen. Aber ein anderer durfte: Unitalia-Boss Donato Seppi legte Blumen vor dem Alpini-Denkmal nieder. Das hat gereicht.

Landeshauptmann Luis Durnwalder hat genauso wie Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler versichert,  dass für den Wastl eine Lösung gefunden werden muss. Dann vergingen die Monate und die Jahre. Der Kapuziner Wastl rückte in den Hintergrund, das politische Tagesgeschäft verlagerte sich wieder  auf Straßenbauten und andere Verkehrsprobleme.

Im Herbst 2010: Die Freiheitlichen sind mittlerweile stark im Gemeinderat vertreten. Und sehen sich beauftragt, die versprochene Lösung am Kapuziner Platz einzufordern. Im November sorgt der entsprechende Beschlussantrag im Gemeinderat für einen Eklat. Eine Delegation der Alpini-Vereinigung war aufmarschiert, um ihren Protest anschaulich zu machen. Was die Freiheitlichen verlangten, regte die Alpini und ihren politischen Wortführer Renato Stancher furchtbar auf.  Das wollte Bernd Ausserhofer eigentlich nicht. Der Fraktionssprecher der Freiheitlichen wollte  das Denkmal erklärt haben, hat sich aber im Ton vergriffen. Und sich dafür bei den Alpini entschuldigt. Entschuldigung angenommen. Daraufhin erging der Auftrag an die beiden Historiker Giorgio Delle Donne und Stefan Lechner: Man möge einen Text für den Wastl formulieren, der allen Sprachgruppen gut geht. Die Tafel soll dann gut sichtbar neben dem Denkmal angebracht werden. Damit waren alle Gruppensprecher im Gemeinderat und die Alpini zufrieden. Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler war froh, endlich Ruhe zu haben.

Bis vor wenigen Tagen der Brief aus Rom kam. Und der Landeshauptmann vorgestern klipp und klar sagte: Der Kapuziner Wastl kommt weg. Die Alpini sollen ein neues Denkmal für ihre guten Dienste erhalten, aber jeder Bezug zum Völkermord in Abessinien muss verschwinden.

Trotzdem: Ob bei der italienischen Rechten oder der deutschen Rechten; der Durnwalder-Vorstoß kommt in Bruneck gar nicht gut an. Alpini-Chef Domenico Senese ist empört (siehe nebenstehendes Interview).  Bernd Ausserhofer und Renato Stancher kommen ausnahmsweise zum selben Schluss, auch wenn es sich um delikate ethnopolitische Fragen handelt:  Der Wastl soll bleiben, wo und wie er ist, nur ein schöner Text  soll ihm zur Seite gestellt werden.

„Wieso soll das Denkmal wegmüssen, wenn es doch die Mehrheit der Bevölkerung gar nicht stört?“ Die Frage kommt vom Freiheitlichen Ausserhofer. Und: „Wieso sollen mit Steuergeldern ein neues Denkmal errichtet werden?“

Mitte-Rechts-Vizebürgermeister Renato Stancher sagt: „Ich bin sehr perplex und werde einer Verlegung des Denkmals niemals zustimmen.“ Auch er versteht nicht, wozu das Alpini-Denkmal entfernt werden sollte.

Alpini-Denkmal am Kapuziner Platz: Bruneck ist perplex

FOTO: Julian Angerer

ZITAT Bernd Ausserhofer und Renato Stancher kommen in einer delikaten ethnopolitischen Fragen ausnahmsweise zum selben Schluss:  Der Wastl soll bleiben, wo und wie er ist, nur ein schöner Text  soll ihm zur Seite gestellt werden.

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KASTEN ZUM AUFMACHER

„Zerstört wie es ist“

Demenico Senese, Gruppenleiter der Alpini in Bruneck, über seine Verbundenheit mit dem hässlichen, zerstörten Denkmal.

Tageszeitung: Landeshauptmann Luis Durnwalder will das faschistische Denkmal entfernen lassen…

Domenico Senese: Es handelt sich nicht um ein faschistisches Denkmal. Vielmehr soll das Denkmal am Kapuziner Platz den Gefallenen gedenken und an die vielen guten Taten erinnern, die den Alpini auf der gesamten Welt zugeschrieben werden.

Würde Ihnen ein neues, schönes Denkmal für die Verdienste der Alpini Freude bereiten?

Ein neues Denkmal für die Alpini? Über viele Jahrzehnte wurde ein erstes, ein zweites und ein drittes Denkmal aus bestimmten Gründen zerstört. Übrig geblieben ist nur ein Stück, das so stehen bleiben soll. Es soll daran erinnern, was geschehen ist. Ich sehe keinen Grund für ein neues Alpini-Denkmal. Natürlich ist das Denkmal  nicht schön so wie es heute dasteht, aber das ist nicht Schuld der Alpini.

Das Denkmal steht in Verbindung mit dem Genozid in Abessinien 1935…

Der Krieg in Abessinien ist geführt worden. Ob es richtig war oder nicht, man erreicht nichts, indem man Denkmäler zerstört. Die Diskussion ist absurd. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Brunecker Bürger das Denkmal als störend empfinden. Nur die Politiker haben ein Problem damit.

Nach der Auseinandersetzung im Brunecker Gemeinderat vor rund zwei Monaten hatte man das Kriegsbeil begraben, nicht wahr?

Wir hatten uns geeinigt. Ich war nie dagegen, neben dem Denkmal erklärende Tafeln aufzustellen

Wie geht es jetzt weiter?

Wenn wir alles in die Hände der Politiker geben, weiß ich nicht, was dabei herauskommt. Ich persönlich sehe einfach keinen Sinn darin, das Denkmal zu entfernen. Ich würde es so lassen wie es ist, zerstört wie es ist.

Interview: Silke Hinterwaldner

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