CIPRA-Standpunkt: Statistische Spielereien verstellen den Blick aufs Wesentliche

CIPRA alpMedia, 16.03.2016 – Im Winter wird’s in den Alpen kälter, behaupten zwei Österreicher, indem sie willkürlich meteorologische Daten interpretieren. Damit gefährden sie echte Innovation im Tourismus, warnt Christian Baumgartner, Vize-Präsident von CIPRA International.

Kurz vor Weihnachten veröffentlichten ein österreichischer Seilbahn-Funktionär und ein Tourismusforscher eine aufsehenerregende Analyse: Nach einer Auswertung von meteorologischen Stationen in den Bergen sei der Winter in den letzten 30 Jahren nicht wärmer, sondern kälter geworden. Der Klimawandel scheint sich demnach auf nicht-alpine Gebiete zu beschränken. Die Studie zeigt sich im Detail aber als fragwürdig; die beiden erweisen der langfristigen wirtschaftlichen Absicherung des Tourismus damit einen Bärendienst.

Für die Untersuchung wurden selektiv nur einige Stationen herangezogen, und selbst an diesen Stationen gab es bereits in den Jahren vor dem Beginn der untersuchten Datenreihe eine ungewöhnliche Erhöhung der Temperatur. Die Untersuchung setzte also auf sehr hohem Temperaturniveau an.

Analysiert wurden nur die Monate Dezember bis Februar, doch die Ergebnisse weisen im gesamten meteorologischen Winter von November bis März selbst an den ausgewählten Stationen steigende Temperaturen auf. Die sechs wärmsten Winter seit Beginn der Messungen waren innerhalb der letzten zehn Jahre. Eine solch kreative Datenauswertungen lenkt den Blick von den nötigen Anpassungsmassnahmen im Wintertourismus ab. Kommt dazu: Was hilft es, wenn es oben in den Bergen tatsächlich kälter würde, aber unten an den Talstationen wegen steigender Temperaturen die Beschneiung verunmöglicht wird?

Mit derartigen Untersuchungen wird ein Klima der Beruhigung verbreitet, das signalisiert «Nur weiter so! Was 50 Jahre funktioniert hat, wird auch weiterhin gut sein.» Allerdings verkennt diese Haltung die tatsächlichen Herausforderungen des Klimawandels. Um langfristig auch im Winter wirtschaftlichen Bergtourismus zu betreiben, ist nicht Beharren auf alten Rezepten, sondern es sind neue Konzepte gefragt, die sich an den unterschiedlichen Situationen der einzelnen Destinationen orientieren. Nur wer heute neu – und nachhaltig – denkt, gewinnt die Gäste von morgen. Die Beruhigungspolitik dieser Untersuchung trägt dazu nicht bei.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.