Sexten. PM: Letzte Warnung Watschinger, Obwegs

Sehr geehrte Damen und Herren!
Die beiden Experten Watschinger und Obwegs wollen die Öffentlichkeit, die Politik, bzw. die veranwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürger ein letztes Mal aufrütteln, indem sie die zerstörerische Vorgangsweise beim Schipistenbau in Sexten anschaulich schildern und vor den fatalen Folgen des Raubbaus eindringlich warnen. Sie bitten die werten Damen und Herren, dass Sie ihnen dabei behilflich sind.
Herzlichen Dank!

Im Auftrag Dr. Hans Peter StauderDie „Bomba d’acqua nel Trevigiano“ und die Wildbachprobleme in Sexten in Zusammenhang mit den Skipisten.

Der Starkniederschlag in Trevigiano „la bomba d’acqua“ von ca. 150 bis 200 mm in 2 Stunden, also 90 Liter pro Stunde, welcher zum Tod von 4 Menschen und einigen Schwerverletzten führte, hat in Italien zu einer breiten Diskussion über die Ursachen dieser Katastrophe geführt.
Dabei wurde hauptsächlich auf die biologischen Veränderungen des Einzugsgebietes hingewiesen, welche durch den Ersatz des Waldes durch Weinreben zur Erzeugung des berühmten „Prosecco Weines“ als eine Hauptursache für die Katastrophe hervorgerufen wurden.
Dass ein Weinberg in forstlich-hydrogeologischer Hinsicht kaum gleichwertige Eigenschaften wie ein Hoch- bzw. Mittelwald haben kann, ist wohl für die meisten Bürger mit einem natürlichen Hausverstand einleuchtend. Aber noch viel schlimmer ist es, wenn ein bestgepflegter Hochwald maschinell in eine brettelebene Skipiste verwandelt wird, wie derzeit in Sexten unterhalb des Hahnspiel bzw. des Stiergartens erfolgt ist.
Während bei einem Hochwald der Oberflächenwasserabfluss lediglich 20 bis 25 Prozent des Starkniederschlages beträgt, ist dieser bei einer maschinell hergestellten Skipiste sogar 80 bis 90 Prozent, wie dies in den letzten Jahren wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Dass dabei das meist bis zu 4 Meter tiefe, künstlich aufgelockerte Material durch den starken Oberflächenwasserabfluss leicht erodiert und abgeschwemmt werden kann, ist einleuchtend und hat bereits in den letzten 10 Jahren allein im Pustertal zur Auslösung von 3 Muren geführt.
Wir müssen aber noch einmal auf das Zustandekommen der neuen Skianlagen unterhalb der Rotwandwiesen und unterhalb des Hahnspiels bzw. Stiergartens eingehen: Es handelt sich dabei nicht nur um ein vetternwirtschaftliches Pfuschwerk sondergleichen, in Bezug auf Natur und Umwelt, wie auch die Tageszeitung „Alto Adige“ vor einigen Wochen schrieb, sondern auch in skitechnischer Hinsicht um ein Meisterwerk der Unvernunft. Wollte man aber dies genauer beschreiben, würde das einen Umfang eines Buches erfordern. Es ist das Ergebnis einer träumerischen Vision eines Skilehrers, einiger Hoteliers und eines Metzgermeisters.
Die meisten Sextner ärgern sich über die freche Behauptung des Pressechefs der Skigesellschaft „Sextner-Dolomiten AG“ Christian Tschurtschentaler, dass ein Großteil der Sextner hinter dem Projekt zum Bau der neuen Skianlage in Sexten stünde. In Wirklichkeit hat die Gemeindeverwaltung Sextens mit dem derzeitigen, auf die Interessen der Innichner Kapitalisten recht rücksichtsvollen Bürgermeister eine Volksbefragung zum Bau der neuen Skianlagen strickt abgelehnt. Wohl aufgrund der Erfahrung, welche man bei der Volksbefragung für den Bau einer Seilbahn von Moos zum Negerdorf gemacht hat. Bei dieser unter dem Bürgermeister Rainer durchgeführte Volksbefragung haben sich die Sextnerinnen und Sextner bekanntlich gegen dieses Vorhaben der Skigesellschaft ausgesprochen. Sehr viele Sextner und Bürger des oberen Pustertals kritisieren mit Recht den Bau des teuren Bahnhofs in Vierschach. Scheinbar haben die Verantwortlichen für dieses Vorhaben keine Lehren oder Erkenntnisse aus den Erfahrungen zum Bau des neuen Bahnhofs in Percha gezogen. Dabei konnte ja nachgewiesen werden, wie aus Zeitungsberichten hervorgeht, dass lediglich 5 Prozent der Skifahrer auf dem Kronplatz vom neuen Bahnhof Gebrauch gemacht haben. In Vierschach werden es wohl voraussichtlich nur 5 Promille werden!
Immer mehr Bürger des oberen Pustertals sind der Meinung, dass die Verantwortlichen für die Verschwendung von öffentlichen Geldern, also Steuergeldern, endlich von der Staatsanwaltschaft als Diebe entlarvt und zur Verantwortung gezogen werden sollten, damit diese Gelder auch den ärmeren Bürgern und Bürgerinnen zugute kommen können. Die Prahlerei der Skipistenmacher mit den bereits durchgeführten und noch durchzuführenden Arbeiten zum Bau der geplanten Skianlagen in Sexten in allen Medien Südtirols ist angesichts der geradezu barbarischen und sicherlich größten natur- und umweltmäßigen Schäden in forstlich-hydrogeologischer und ökologischer Hinsicht, welche in Südtirol nach dem 2. Weltkrieg gemacht wurden, für alle naturliebenden Menschen in Südtirol ein Schlag ins Gesicht.

Es ist vor allem für die Vertreter der bäuerlichen Bevölkerung in der Gemeindeverwaltung Sextens eine Schande, dass diese wegen ein paar Euro mehr für den Waldverlust die Zerstörung dieser wertvollen Schöpfung Gottes zugelassen hat. Es ist aber auch ein großer und wohl bewusster Fehler, bzw. Absicht der Skigesellschaft, die Zustimmung der geschädigten Waldbesitzer als Zeichen des Wohlwollens seitens der ganzen Bevölkerung Sextens auszuleben.

Wir haben seit über 10 Jahren gegen diese irreführende Ankündigung eines skitechnischen Zusammenschluss der Rotwandwiese mit dem Helmgebiet, welches in Wirklichkeit die Schaffung eines neuen Skigebietes werden sollte, erfolglos angekämpft. Aber: „Contro la volonta dei ricchi ragione non vale!“ Wir haben das vetternwirtschaftliche System der vergangenen Landesregierung, mit welchem die korrekte Landesverwaltung Magnagos und Benedikters besonders in den letzten 10 bis 15 Jahren abgelöst wurde, bereits in einem Schreiben an den Landesrat Schuler angeprangert.
Um es kurz zu machen: Nach unserer Meinung müssten hauptsächlich zwei Probleme bzw. zwei Gefahrenzustände durch den Bau der neuen Skianlage berücksichtigt und unter Kontrolle gehalten werden. Zum einen handelt es sich um die Auswirkung der Skianlagen im Einzugsgebiet des Villgraterbaches und insbesondere durch den Bau der Skipiste Schafalm und der Seilbahnstationen in dem bestgepflegten Hochwald im Villgraterbach.
Eine Verklausung des Villgraterbaches durch eine Rutschung oder durch einen Anbruch würde sicher wie in der Vergangenheit zu einer für das Dorf von Moos gefährlichen Mure führen.
Nicht unterschätzen darf man auch den Gefahrenzustand in der Signaue. Durch den Bau der landschafts- und umweltwidrigen Skipiste von der Rotwandwiese zur Signaue, ausgerechnet im Jahr der Krönung der Dolomiten zum Weltnaturerbe, sowie der Errichtung der Skipiste vom Hahnspiel bzw. vom Stiergarten zur Signaue, würden bei einem Starkregen von über 70 bis 80 mm pro Stunde, im Bereich der durch Bauten eingeengten Signaue auch 3 bis 5 m³/sek. Oberflächenwasserabflüsse zufließen. Da die Signaue bis heute die einzige, breit überschwemmbare Fläche oberhalb vom östlichen Teil von Moos war, wird sich dies als sehr nachteilig und gefährlich für das Bachbett des Sextnerbaches in Moos
auswirken.
Abschließend möchten wir der für neue Skianlagen so wohlgesonnenen Forstbehörde das in der Magnago-Zeit erlassene und immer noch gültige Skipistengesetz vom Jahre 1981 Nr. 6, Art. 6 vom 26. Februar in Erinnerung rufen. Soviel uns bekannt ist, wurde bis heute nicht einmal für den Waldverlust zum Bau der Skipiste Rotwandwiesen-Signaue im Sinn des oben zitierten Gesetzes entsprochen. Die Logik erfordert in Wirklichkeit, dass die lokale Forstbehörde, also der entsprechende Forstbezirksinspektor, vor der Auszeichnung der Bäume eines Waldes, aufgrund der Angabe der Fläche für die Skipiste die aufzuforstende Fläche im Einzugsgebiet der geplanten Skianlagen dem Gesuchsteller, also der Skigesellschaft, mitteilen müsste.
Da sowohl beim Bau der Skipiste von der Rotwandwiese zur Signaue in den Jahren 2007 und 2008 bis heutzutage die vom Gesetz vorgeschriebene Aufforstung unterblieben ist und nun auch keine Ersatzaufforstung für die großflächigen Skipisten unterhalb des Hahnspiels bzw. Stiergarten von der lokalen Forstbehörde vorgeschrieben erscheint, fragen wir uns als ehemalige Forstbeamte, warum wohl diese gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten wurden.
Von den lokalen Behörden werden leider immer noch, trotz der vielen meist durch Menschen verursachten Umweltschäden, sportliche Infrastrukturen wie skialpine Anlagen, den schutzbietenden Umwelteinrichtungen, wie dies ein wertvoller, wasserregulierender Hochwald ist, vorgezogen.

Dipl. Ing. Dr. Ernst Watschinger Sexten,  Dipl. Ing. Dr. Karl Obwegs

im August 2014

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3 Antworten auf Sexten. PM: Letzte Warnung Watschinger, Obwegs

  1. forumonline sagt:

    niemand bezweifelt, dass wir vom Skitourismus ebenso leben wie vom Sommertourismus, aber ganz so abwegig scheinen die Warnungen wohl doch nicht zu sein. In den Abendnachrichten von gestern, 19.08.2014, war von Skipisten und abrutschgefährdeten Hängen in Corvara die Rede. Vielleicht sollte man geologische Gegebenheiten doch ernster nehmen?

  2. Gustl sagt:

    Wenn ich mir diesen Brief so ansehe, fällt mir einiges auf. Normalerweise enthalten sinnvoll inhaltlich argumentierende Texte ungefälschte, von unabhängigen Institutionen verfasste Statistiken, um den Wahrheitsgehalt einer Behauptung zu untermauern. Hier hingegen gibt es überhaupt keine Statistiken! Leere Behauptungen werden aneinandergereiht, es wird nur von „viele“, „sehr viele“ oder „die meisten“ gesprochen, die übrigen Zahlen sind überhaupt nicht nachprüfbar. Da, wo sich die Verfasser im Recht sehen, werden aber korrekt zitierte Gesetze angeführt. So etwas ist absolute Subjektivität. Das kann jeder Depp.
    Das ganze ähnelt eher einem Marktschreierblatt, wie es sie noch im Mittelalter gegeben hat. Dazu werden noch Äpfel mit Birnen verglichen, wobei die Äpfel dann doch wieder keine Äpfel sein sollen (Vergleich Sexten – Trevigiano).
    Wobei anzumerken ist, dass ohne den Bahnhof in Vierschach, der noch vor dem Start der neuen Wintersaison fertiggestellt werden wird, der Bahnhof in Percha einen erheblich geringen Nutzen hat. Erst wenn das Konzept des Skitourismus mittels Zug vollendet ist, wird die Auslastung der genannten Bahnhöfe steigen. Eigentlich müssten Naturschützer den Bau des Bahnhofes in Sexten begrüßen – wird doch zukünftig der Ausstoß von Schadstoffen sinken, wenn die Urlaubsgäste vermehrt mit dem Zug fahren.
    Aber was schreibe ich denn hier?! Die Diskussion ist ja schon längst entschieden. Also bitte macht etwas wertvolleres als den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen und in irgendwelchen Foren und Plattformen über die Sextner Bahnen AG zu wettern. Geht etwas in die frische Luft, plaudert mit euren Freunden über den Rentenskandal oder macht etwas Sport. Dann haben zumindest eure Mitmenschen Ruhe.

  3. Edith sagt:

    Man kann nur den Kopf schütteln, mit welcher Arroganz in Sexten vorgegangen wurde! Raubbau mit fatalen Folgen und sogar mit Todesopfern sollten eigentlich die Menschen noch rechtzeitig zur Räson bringen, aber leider. Warnungen kompetenter Personen, die das Gebiet und dessen Beschaffenheit bestens kennen, werden in den Wind geschlagen und passiert dann doch etwas Furchtbares, darf man es dann immer dem Herrgott hinter die Stulpen schieben. So agieren nämlich dumme, geldgierige und arrogante Menschen.
    In Refrontolo, wo am 3. August 2014 die famose „bomba d’acqua“ ein „kleines Vajont“ mit vier Todesopfern und 20 Verletzten verursachte und Besorgnis erregende Parallelen zu Sexten darstellen könnte, gab es eine Vorgeschichte, die man ebenso in den Wind geschlagen hatte. Ähnlicher Raubbau, ähnliche Warnungen, ähnliche Vorgehensweisen und hoffentlich nicht mit ähnlichen Konsequenzen:
    http://www.trevisotoday.it/cronaca/bosco-distrutto-refrontolo-cison-tarzo.html
    Man beachte das Datum: 13.5.2013!
    Am 2.8.2014 die Tragödie in Worten und Bildern: http://www.oggitreviso.it/tragedia-di-refrontolo-testimonianze-video-93591
    Ich, Frau der Straße mit viel Liebe zur Natur und einem Quäntchen Weitblick hoffe und bete… jetzt schon… denn treffen tut ‚s immer die Unschuldigen…