Wird der Wert von Natur und Landschaft bagatellisiert?

Dachverband für Natur- und Umweltschutz, 03.06.2014 – Bagatelleingriffe – Die Lockerung der Grenzwerte für sog. Bagatelleingriffe, auf die die Vereinigung Südtiroler Biologen in einem offenen Schreiben aufmerksam gemacht hat, sind höchst bedenklich. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz ersucht die zuständige Landespolitik um rasche Überarbeitung des betreffenden Dekretes, auch im Sinne der Südtiroler Bürgermeister/innen, die sich mit der Verantwortung für die Genehmigung von Projekten ohne detaillierte Planungsunterlagen bzw. Fachgutachten konfrontiert sehen.

Am 27. Dezember 2013 hat die alte Landesregierung einen Beschluss zur Änderung des Dekrets Nr. 33 vom 6. November 1998 vorgenommen, den der amtierende LH Kompatscher im Februar dieses Jahres umsetzte. Damit wurden die Schwellenwerte für die sog. Bagatelleingriffe angepasst, für die ein vereinfachtes Ansuchen sowie ein verkürztes Genehmigungsverfahren, in den meisten Fällen nur auf Gemeindeebene, gelten.

Für eine Reihe von Eingriffen, vor allem solche in landwirtschaftlichem Gebiet, bedeutet die Anpassung der Schwellen aber gleich eine Verdoppelung der bisher gültigen Werte. Besonders eklatant ist die Erweiterung der Bagatellgrenzwerte im Bereich des Wegebaues. Nunmehr können mit vereinfachtem Verfahren Wege errichtet werden, die bis zu 1.000 m lang sind, in einem Gelände von bis zu 70% Neigung liegen und mit Stützbauwerken wie Zyklopenmauern, Krainerwänden oder bewehrten Erden bis zu 2,5 m Höhe versehen werden können. Im bisher gültigen Dekret lagen die Schwellenwerte noch bei maximal 500 m Länge in einem Gelände mit weniger als 60% Neigung sowie ohne Mauern oder andere Kunstbauten.

Weitere Verdopplungen der Schwellenwerte wurden bei der Ablagerung von Aushubmaterial (von 500 m³ auf 1.000 m³) sowie bei den Planierungen (von 2.500 m² auf 5.000 m²) festgeschrieben. Angesichts dieser Dimensionen muss die Frage erlaubt sein, ob es sich bei derartigen Projekten wirklich noch um sog. „Bagatell“-Eingriffe handelt? Projekte solcher Größenordnungen sind in jedem Fall als landschafts- und umweltrelevant einzustufen. Einerseits hegt der Dachverband für Natur- und Umweltschutz berechtigte Zweifel an der ausreichenden Berücksichtigung der Anliegen des Naturschutzes im Zuge dieses vereinfachten Verfahren. Andererseits ist auch die entscheidende Rolle und Verantwortung des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeisterin im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Letztere müssen auf Grundlage vereinfachter Projektunterlagen und ohne Fachgutachten (die nur in Naturparks und bei Walderschließungswegen vorgesehen sind) Projekte genehmigen oder ablehnen und dabei ohne fundierte fachliche Grundlagen eine ganze Reihe von sicherheitsrelevanten und naturräumlichen Abwägungen treffen.
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz ersucht daher die Landesregierung, dieses Dekret inhaltlich zu überprüfen und insbesondere die in den Punkten a-f angeführten Schwellenwerte auf die bisher gültigen Werte zu reduzieren.

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