PM BL- Sexten. Stellungnahme Skizonenplan.Historie der Genehmigungsverfahren.Hydrogeologisches Expertengutachten.

B Ü R G E R L I S T E  S E X T E N

An die Südtiroler Landesregierung
z. K.  Amt für Landschaftsökologie
z. K. Dachverband für Natur- und Umweltschutz

Stellungnahme bzw. Einwände seitens der Bürgerliste Sexten zum Beschluss der Landesregierung Nr.1552 vom 14/10/2013

Betreff: Fachplan Aufstiegsanlagen und Skipisten – Genehmigung des Entwurfes

1.) Die Arbeitsmethode zur Entwicklung des Fachplanes:

Der Prozess der Überarbeitung des Fachplanes wurde von einer Arbeitsgruppe koordiniert, welche von der Landesregierung mit Beschluss Nr.1656 vom 07/11/2011 ernannt wurde. Die kartographische Abgrenzung der Skizonen war Gegenstand von Bewertungen und Diskussionen innerhalb der Arbeitsgruppe und wurde den Gemeinden im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung am 30/05/2012 vorgestellt. Die Gemeinderäte der Bürgerliste Sexten weisen hiermit darauf hin, dass sie über die öffentliche Veranstaltung vorab von der Gemeindeverwaltung weder informiert noch eine Einladung dazu erhalten haben. Weiters war bei keiner einzigen Gemeinderatsitzung 2012 der Skizonenplan Gegenstand eines  Tagesordnungspunktes. Die „informelle“ Einbeziehung der Gemeinde Sexten hat also nicht stattgefunden. Diese Vorgangsweise ist für uns nicht nachvollziehbar, da immerhin bei den landesweit 42 Skizonen, Sexten-Helm-Rotwandwiesen flächenmäßig mit 1.057 ha an fünfter Stelle steht!!

2.) Große Bedenken hinsichtlich der Ermittlung und Abgrenzung der Skizonen:

Nicht nachvollziehen können wir,  dass laut Unterlagen zum Entwurf in der Skizone Sexten-Helm-Rotwand keine sensiblen Gebiete bzw. Bereiche betroffen sein sollen! Offensichtlich wurde der geltende Landschaftsplan der Gemeinde Sexten zu wenig beachtet: So sind etliche Bergwiesen mit unterschiedlichen ökologisch wertvollen Rasengesellschaften wie z.B. Trockenrasen, Magerrasen, Feuchtwiesen, mit Quellfluren, integrierter Teil des Entwurfs-Skizonenplan. Betroffen sind Flächen in den Örtlichkeiten: Wetzwiesen, Umgebung von Hahnspielhütte und Lärchenhütte! Das Gebiet rund um den Stiergarten nimmt eine Sonderstellung ein, da hier zudem Moore in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien ein ökologisch interessantes Netzwerk bilden. Die skitouristische Neuerschließung ist ohnehin bereits Gegenstand eines Gerichtsverfahrens beim Verwaltungsgericht! Beachten wir aber bitte den erläuternden Bericht zum Landschaftsplan der Gemeinde Sexten! Auszug: „Bestockte Wiesen und Weiden: Grundsätzlich ist die forstliche Nutzung auf den natürlichen Zuwachs zu beschränken und für die Verjüngung der Lärchen muss gesorgt werden. (…) Auf die Stockrodung soll verzichtet werden“ Feuchtgebiete: „Häufiger anzutreffen sind Feuchtgebiete noch entlang des sehr wasserreichen karnischen Bergkammes (…) Sie erfüllen vielfältige landschaftsökologische Funktionen. Sie bedeuten Landschaftsreichtum und stellen wertvolle Lebensräume dar für eine Vielzahl von gefährdeten Pflanzen und Tierarten. Nicht unerwähnt bleiben darf auch ihre Bedeutung für den Wasserhaushalt wegen deren Funktionen als Wasserspeicher. Deshalb sind alle Feuchtflächen, auch wenn sie nicht eigens als Biotope unter Schutz gestellt sind, erhaltenswert und dürfen nicht trockengelegt werden“. Deshalb sollten nach unserer Ansicht nur geringfügige Eingriffe in obengenannte sensible Bereiche zum Zwecke einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzung genehmigt werden, nicht aber für Skipisten, die großflächige Eingriffe benötigen und den Charakter, sei es des bäuerlichen Kulturlandes als auch der Naturlandschaft, stark verändern!

Wie von den Planern der Schizonen selbst hingewiesen wird, sind die Planunterlagen nicht detailliert vorhanden. Wir vermissen den Mappenauszug, anhand dessen ein Grundbesitzer einwandfrei feststellen kann, ob und in welchem Ausmaß er von den Schizonen betroffen ist. Das erscheint uns aber wesentlich, damit ein Grundbesitzer auch konkret Stellung nehmen kann.

  • Gegen die in unseren Augen viel zu großzügige Ausweisung der Schizone in Richtung Alpe Nemes, bzw. die geplanten schitechnischen Neuerschließungen, spricht auch der zurzeit stattfindende Klimawandel. Der Klimareport Südtirol spricht eine klare Sprache: In nächster Zeit wird die Jahresdurchschnittstemperatur noch um weitere 3 Grad ansteigen. Ein Beschneien von Pisten in Tallagen wird also unmöglich werden.  Die große Zukunft liegt einzig und allein im Sommertourismus. Die Verschandelung dieser herrlichen Zone am Rande des Weltnaturerbes ist sicher kein Vorteil. Wo bleibt das nachhaltige Denken?
  • Weitere einschneidende negative Auswirkungen sind zum einen der Umstand, dass das Waldgebiet, welches hier in Stücke geschnitten werden soll, das einzige noch geschlossene Waldgebiet am Sonnenhang ist und als Rückzugsgebiet für das Wild im Winter laut EU- Richtlinien unbedingt erhalten bleiben müsste. Zweitens ist diese Gegend ein ausgedehnter Balzplatz von Auerwild, sowie Heimat anderer Raufußhühner.
  • Die Hochwassergefahr für Moos wird durch die extremen Rodungen nach wie vor gefördert. Die im Entwurf eingezeichnete Schizone klammert das Gebiet um den gefährlichsten Wildbach, den Villgraterbach, nicht aus, obwohl auch die Befürworter von Neuerschließungen schon auf das Vordringen in dieses Gebiet verzichten wollen. Dasselbe gilt für die Örtlichkeit „Egge“ („Negerdorf“)! Der Schizonenplan ist ganz eindeutig ein Rückschritt in Sachen „umweltschonend“ und „Sicherheit“! (Siehe „Expertenstellungnahme zur hydrogeologischen Gefahrenprüfung…“ in der Anlage!).
  • Die Ökologie wird irreversibel zerstört: Man greift in ein sehr wertvolles Gebiet ein, das sich auszeichnet durch Biodiversität, seltene Pflanzenarten wie das Holunderblütige Knabenkraut, die Sibirische Schwertlilie, die Deutsche Tamariske u.ä., sowie durch streng geschützte Tierarten wie Auerhuhn, Haselhuhn, und das Steinhuhn wurde ebenfalls gesichtet. Hier befinden sich alle Entwicklungsstadien von Mooren(Flach-, Zwischen- und Hochmoore), die durch die Alpenkonvention geschützt sind. Diese Zone hat alle Voraussetzungen, in die Natura 2000 – Gebiete aufgenommen zu werden.
  • Das Landschaftsbild wird großräumig massiv abgewertet, u.zw. im Bereich des Karnischen Kammes, aber auch das Weltnaturerbe der Dolomiten betreffend.
  • Es stellt sich die Frage: Was macht es für einen Sinn, neue Infrastrukturen zu schaffen, und das dazu noch in intakter Naturlandschaft, wenn andererseits die finanziellen Mittel für die Erhaltung bzw. bereits bestehender Strukturen nicht mehr aufzubringen sind?
    • Bei der Ausweisung der Schizonen müssen unbedingt das Bodenschutzprotokoll und das Tourismusprotokoll der Alpenkonvention berücksichtigt werden, da auch in Italien die Alpenschutzkonvention in Kraft gesetzt wurde.
    • Bei der Beschlussfassung vermisst man jegliche Sensibilität gegenüber der Natur und der Anwendung der europäischen Richtlinien zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Habitat-Richtlinien).
    • Es ist ein Gebiet betroffen, das gleich in mehrerer Hinsicht als sensibel und labil zu betrachten ist: aus landschaftlicher, ökologischer und hydrogeologischer Sicht. An diesem Sachverhalt gibt es nichts zu rütteln, gleich mehrere Gutachten und Aussagen von Experten bestätigen dies. Die Alpenschutzkonvention verbietet in sensiblen Gebieten jede Bautätigkeit!!
    • Das betroffene Gebiet hat, wie schon oben angeführt, eine hohe Biodiversität aufzuweisen. Darauf verweisen mehrere Experten, die dies bei Begehungen festgestellt haben: der Ornithologe Dr. Peter Ortner, der ehemalige Forstinspektor und Pflanzensoziologe Dr. Karl Obwegs, sowie der Biologe Dr. Stefan Gasser und Frau Professor Dr. Ulrike Pröbstl von der BOKU Wien – Amtssachverständige im Auftrag des Verwaltungsgerichts Bozen. So beschreibt Frau Probstl das Gebiet wie folgt: „ Das Gebiet ist insgesamt in Hinblick auf die Naturnähe der Lebensräume als naturnah zu bezeichnen, wobei einzelne Bereiche als besonders naturnah und von hohem ökologischen Wert zu klassifizieren sind.“
    • Es müsste doch logisch und einleuchtend sein, dass die Verwirklichung von schitechnischen Anlagen in diesen Gebieten der Vernetzung und Erhaltung ökologisch wertvoller Lebensräume nicht dienlich ist, sondern geradezu einer Zerstückelung und nachhaltiger Störung eines Gebietes mit hoher Biodiversität gleichkommt.

3.) Überarbeitung des Entwurfs

 

Die Bürgerliste Sexten vertritt die Auffassung, dass der vorliegende Entwurf- Skizonenplan so nicht angenommen werden kann und unbedingt überarbeitet werden sollte. Die betroffenen Gebiete (Planungsraum 16.1) müssen besser untersucht und die bereits angesprochene Bergwiesen  und Weiden erfasst und bewertet werden. Die Abgrenzung der Zone muss korrigiert werden, sonst sind neue Interessenkonflikte zwischen Tourismuswirtschaft, Landschaft und Umweltschutz vorprogrammiert. Speziell für die skitechnische Verbindung Helm-Rotwand sollte nach einer technischen Verbindungs-Variante gesucht werden, um auf eine Neuerschließung des landschaftlich, ökologisch und hydrogeologisch sensiblen Gebiets rund um den Stiergarten verzichten zu können. Wie der Generaldirektor der Sextner Dolomiten AG uns bestätigte, wäre eine technische Verbindung sehr wohl machbar, man müsste sie nur wollen!!! Zudem erscheint uns der Entwurf zum Skizonenplan nicht kompatibel zu sein mit nachfolgenden Gesetzen und Konventionen:

  • Landschaftsschutz, LG. Nr.16  25/07/1970
  • Naturschutz LG. Nr. 6  12/05/2010, das u. A. besagt, dass Standorte von vollkommen geschützten Pflanzen nicht verändert werden dürfen und gleichzeitig wichtige Indikatoren für die Biodiversität sind.
  • Landschaftsleitbild Südtirol, Beschluss Landesregierung Nr. 3147 02/09/2002
  • Alpenkonvention, betreffend folgender Protokolle:

–        Natur- und Landschaftspflege

–        Bergwald

–        Tourismus

–        Bodenschutz

 

4.)Inhalte der Durchführungsbestimmungen sowie andere Bestimmungen dürfen sich nicht widersprechen:

Entweder sind die Festsetzungen des Fachplans einschließlich der neu zu erarbeitenden Zonengrenzen verbindlich oder der Fachplan wird zu einer Augenauswischerei! Aus diesem Grund lehnen wir den Absatz  „Die ergänzenden Eingriffe“ im ersten Teil (Prämissen und Grundkonzeption des Fachplans) kategorisch ab!!

5.) Schlussbemerkungen:

Wir erhoffen uns, dass vor der endgültigen Genehmigung des Skizonen-Plans eine gründliche Untersuchung bezüglich ökologisch wertvoller und sensibler Bereiche stattfindet und dass  unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse die Zonengrenzen korrigiert, sowie die Durchführungsbestimmungen klar und eindeutig formuliert werden.

 

Die Bürgerliste Sexten                        Sexten, am 08. 12. 2013

Dr. Hans Peter Stauder, Georg Fuchs, Regina Senfter

 

Anlagen:

Historie der Genehmigungsverfahren der Projekte

Expertenstellungnahme zur hydrogeologischen       Gefahrenprüfung

Hydrogeologisches Expertengutachten

Zwei Ortofotos

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Historie der Genehmigungsverfahren der Projekte „Schitechnische Verbindung der zwei Schigebiete Helm und Rotwandwiesen“ in der Gemeinde Sexten

(wichtige Eckdaten, Widersprüche und Hinweise)

 

Vorwort:

Während man sich im Raum Bruneck auf die schitechnische Erschließung des Kronplatzes konzentriert hat und die umliegenden Hänge und Berge im Großen und Ganzen verschont hat, geht man im Raum Hochpustertal andere Wege. Dort möchten führende Wirtschaftler und Touristiker gemäß Salamitaktik alle besten Aussichtspunkte mit Panoramablick für den Schitourismus erschließen und sie schrecken dabei auch nicht vor landschaftlich und ökologisch sensiblen Gebieten zurück, wie auch konkret in diesem Falle Helmgebiet!

Die Frage, ob durch den Zusammenschluss Helm- Rotwand  ein sensibles Gebiet betroffen ist, scheint uns wesentlich, wenn es um die Genehmigung dieses Projektes geht.

Wichtige Stationen:

  • Begehung des Gebietes am 17.06.2009 gemeinsam mit dem Wildbiologen Dr. Peter Ortner und dem ehemaligen Forstinspektor Dr. Karl Obwegs: Beide Experten zeigten sich begeistert über dieses noch weitgehend naturnahe und intakte Gebiet zwischen Villgraterbach und Klammbachalm. Dr. Peter Ortner fielen besonders die vielen Moore in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien auf. Dr. Karl Obwegs verwies auf verschiedene Bioindikatoren im Bereich der Waldgrenze, welche auf ein ökologisch gesundes und wertvolles Gebiet hinweisen. Beide stimmten überein, dass es sich hier wegen unterschiedlicher Kleinlebensräume und Pflanzengesellschaften um ein Gebiet mit hoher Biodiversität handeln würde, welches auch die Voraussetzungen für ein Natura 2000 Gebiet hätte.
  • Seit Sommer 2010 gibt es in Südtirol ein neues Naturschutzgesetz (L.G. 12.05.2010 Nr. 6). Demzufolge ist es nicht nur verboten, vollkommen geschützte Pflanzen zu pflücken, auszugraben oder für gewerbliche Zwecke zu nutzen, sondern auch die Standorte negativ zu verändern bzw. gar zu zerstören.
  • Strategische Umweltprüfung (SUP) für Pläne und Programme laut L.G. vom 05.04.2007 Nr. gemäß Richtlinie 2001/42/EG des europäischen Parlaments vom 27.06.2001. Der Umweltbeirat hat in dieser Überprüfung für die Eintragung in den Fahrplan ein negatives Gutachten abgegeben, mit dem Hinweis auch auf Artikel 3 der Durchführungsbestimmungen (Ziele des Fachplanes) (siehe Gutachten des Umweltbeirates Nr. 03/2010 vom 03.02.2010 mit dem Hinweis: Die weitere Ausdehnung in ökologisch und landschaftlich sensible Bereiche ist untersagt.)
  • Die Landesregierung hat mit Beschluss vom 07.06.2010 Nr. 963 die Durchführungsbestimmungen nicht eingehalten, obwohl dieselben laut Art. 1 rechtlich verbindlich sind und dennoch die Verbindung Helm- Rotwand in den Fachplan für Aufstiegsanlagen und Schipisten aufgenommen.
  • Nachdem die Landesregierung mit Beschluss vom 26.07.2010 Nr. 1316 das Projekt als umweltverträglich genehmigt hatte und nachdem bei der Gemeindebaukommission bereits am 04.08.2010 das Projekt zwecks Baukonzession positiv abgehandelt wurde, ohne die Rekursfrist für den Beschluss der Landesregierung abzuwarten, war dringendes Handeln gefordert. Deshalb reichten der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der WWF ITALIA als rekurswerbende Parteien am 08.09.2010 beim regionalen Verwaltungsgericht Rekurs gegen die Beschlüsse der Landesregierung ein.
  • In seinem Aussetzungsbeschluss Nr. 163/10 vom 12.10.2010 hat dieses Verwaltungsgericht nicht nur die Berechtigung der Klage und die potentielle Gefahr in Verzug treffend beurteilt, sondern auch die Sach-und Rechtslage aus unserer Sicht sehr gut auf den Punkt gebracht. Das Verwaltungsgericht verweist insbesondere auf Art. 9 der Verfassung, demzufolge „der Schutz der Landschaft“ verfassungsrechtliche Priorität genießt, gerade bei landschaftlich und ökologisch sensiblen Gebieten.
  • Deshalb hat das Verwaltungsgericht bei der Sachverhandlung am 09.02.2011 ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, und zwar an Prof. Dr. Ulrike Pröbstl (BOKU Wien).
  • Auch Frau Prof. Pröbstl hat in ihrer Gebietsbeschreibung hinsichtlich landschaftlicher – ökologischer und hydrogeologischer Aspekte (Gutachten vom 10.10.2011) erklärt, dass es sich hierbei um einen wertvollen, sensiblen, eigenständigen Landschaftsbereich  mit klarer Begrenzung durch zwei Gebirgsbäche handelt. Sie schreibt weiters: „Es kann daher auch nicht als Zwischengebiet der Schigebiet Helm und Rotwand angesehen werden!“ (Siehe Gutachten Teil A – Beschreibung des Gebietes und der ökologischen, landschaftlichen und hydrogeologischen Aspekte!)
  • Somit wird klar, dass das Vorhaben der Sextner Dolomiten AG nicht den Zielen des Fachplanes (ART. 3 der Durchführungsbestimmungen des Fachplanes) entspricht, nämlich Verbindungen innerhalb der Schigebieten zu schaffen, da es sich hier um eine Neuerschließung handelt.
  • Am 04.12.2011 wurde von der Sextner Dolomiten AG an die Gemeinde Sexten ein Antrag auf Bauleitplanänderung für ein Varianteprojekt eingereicht. Dieser wurde am 28.12.2011 vom Gemeinderat mehrheitlich positiv bewertet (drei Gegenstimmen der Bürgerliste Sexten) trotz der Hinweise der Vertreter der Bürgerliste auf eklatante Widersprüche zu den Durchführungsbestimmungen des Landesfachplanes für Aufstiegsanlagen und Schipisten.
  • In Folge wurde am 11.01.2011 von der Sextner Dolomiten AG das Ausgangsprojekt zurückgezogen. Ein paar Tage später annullierte die Landesregierung ihre eigenen Beschlüsse zur Umweltverträglichkeit und teilweise die Eintragung in den Fachplan (Verwirrungstaktik?).
  • Eine erneute UVP für die Variante-Verbindung (?), neues Projekt (?) wurde eingeleitet.
  • 14.09.2012 Bürgerversammlung Haus Sexten im Rahmen der UV- Prüfung des 2. Projekts: Der Biologe Dr. Stefan Gasser bekräftigt, dass das besagte Gebiet alle Voraussetzungen aufweist für ein Natura 2000 Gebiet.
  • Im Rahmen dieser Umweltverträglichkeitsprüfung wurde von einer Arbeitsgruppe ein technisch wissenschaftliches Qualitätsurteil erstellt, welches die Entscheidungsgrundlage für das Gutachten des Umweltbeirates und in weiterer Folge für die Landesregierung bildete. In diesem Qualitätsurteil vom 06.11.2012 finden sich brisante Hinweise und Details, die eine positive Bewertung nicht rechtfertigen: Qualitätsurteil Seite 3: In der Summe werden in der Umweltverträglichkeitsstudie sechs Konfliktsituationen mit sehr sensiblen Lebensräumen bzw. mit Arten identifiziert, welche unter europäischem Schutz ( Natura  2000) stehen und die bei Verwirklichung des Projektvorhabens irreversibel zerstört werden.

Qualitätsurteil Seite 5: Hier wird besonders auf die negative CO² – Bilanz des Projekts hingewiesen. Damit entspricht das Bauvorhaben wohl kaum den Zielen der Eu-Richtlinie 2001/ 42/EG vom 27.06.2001(Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen, und zwar aus folgenden Gründen: Gemäß Art. 174 des Vertrages trägt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips unter anderem zur Verwirklichung der nachstehenden Ziele bei: Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihre Qualität, Schutz der menschlichen Gesundheit, umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen. Gemäß Art. 6 des Vertrages müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung der Gemeinschaftspolitiken und Maßnahmen, insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.

  • Mit Beschluss vom 27.12.2012 Nr. 1933 hat die Landesregierung  auch das 2. Projekt in den Fachplan aufgenommen ohne strategische Umweltprüfung (siehe neg. Gutachten des Umweltbeirates vom 09.02.2010).

Kurz zusammengefasst muss festgestellt werden, dass beim Genehmigungsverfahren für die schitechnische Verbindung Helm-Rotwand Durchführungsbestimmungen und Gesetze sowie EU- Richtlinien wie oben angeführt nicht eingehalten werden.

Schlussbemerkungen:

Um diese noch weitgehend intakte Naturlandschaft mit hoher Biodiversität längerfristig erhalten zu können, muss wohl die Ausweisung eines grenzübergreifenden Natura 2000 Gebietes am Karnischen Kamm angestrebt werden. Es wird vorgeschlagen, zwischen Helmgipfel und Pfannspitze, einschließlich der darunterliegenden Almen und Bergwälder, ein Natura 2000 – Gebiet auszuweisen. Selbstverständlich müsste durch entsprechende Durchführungsbestimmungen dafür gesorgt werden, dass eine extensive Almwirtschaft sowie Forstwirtschaft ermöglicht bleibt, da sonst ein zu großer Widerstand vorprogrammiert ist.

Die Bürgerliste Sexten                                                              Sexten, am 14.02.2013

Georg Fuchs, Regina Senfter Stauder, Dr. Hans Peter Stauder

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Hydrogeologisches Expertengutachten

 

Die forstlich-hydrogeologischen Auswirkungen durch den Bau der bereits ausgeführten Skianlagen im oberen Einzugsgebiet des Sextnerbaches und die letzthin geplanten und von den Behörden genehmigten Skianlagen in Sexten.

 

Die wasser- und geschiebeabflussfördernden Natureingriffe im Einzugsgebiet des Sextnerbaches bergseitig von Moos bedeuten zusätzliche Überschwemmungsgefahr für das Dorf Moos. Einige Hausnamen in Moos, wie z.B. Santer Schuster, Santer Lange, Obersanter usw., erinnern an die Überschwemmungen des Sextnerbaches vom Jahre 1882 und 1921, welche das Dorf Moos heimgesucht haben. Nach den letzten größeren Hochwasserereignissen der Jahre 1965 und 1966 blieb aber das Dorf Moos noch glücklicherweise von einer Überschwemmung verschont. In der Folge wurden aber einige wasser- und geschiebeabflussfördernden Eingriffe für die ersten Skianlagen im Bereich der Rotwandwiesen und für urbanistische Vorhaben in der Talsohle vorgenommen:

 

  1. In den 60er und 70er  Jahren wurden die Skipiste von der Rotwandwiese bis zum Bad Moos und die sogenannte Porzenpiste ohne große Erdbewegungen gebaut.
  2. Den in forstlich-hydrogeologischer und landschaftlicher Hinsicht wohl größten Fehler und Unfug hat man aber sichtlich mit dem Bau der über 10 ha großen Skipiste von der Rotwandwiese zur Signaue in den Jahren nach 2005 gemacht. Dabei wurde der ca. 400 m lange obere felsige Teil brutal abgesprengt, um den 70 % steilen Bergrücken auf ein noch befahrbares Gefälle zu bringen. Der untere ca. 1.200 m lange Streckenteil wurde nach dem Kahlschlag des gesunden Hochwaldes durch tiefgründige Erdbewegungen und Zerstörung des jahrhundertealten Waldbodens mit einem starken Wurzelgeflecht zu einer brettelebenen Skipiste ausgebaut. Dass eine derartige Skipiste einen 4- bis 6-fachen Mehroberflächenwasserabfluss gegenüber eines normalen Hochwaldes hat, wie es wissenschaftlich nachweisbar ist, und dass daher ein derartiger Wasserabfluss auch eine größere Erosion und daher erhebliche Geschiebemengen bei einem Starkregen von über 60 mm/h in Bewegung bringen wird, hat die zuständige Behörde wohl nicht erkannt. Es ist daher anzunehmen, dass nach der bekannten und recht praktischen Formel von Lauterburg Q = m/(3600 x 1000) x m2 allein von dieser Skipiste ein Wasserabfluss von 1,5 mc/sec zu erwarten ist.
  3. Mit den in den Jahren 1980 und 1990 im Patzenfeld unterhalb des Kreuzbergpasses errichteten über 3 ha großen Caravan Park hat man in hydrologischer Unwissenheit oder Ignoranz die wertvollsten Überschwemmungs- und Ausschotterungsflächen für den Sextnerbach bergseitig von Moos zunichte gemacht.

 

Und nun sollte man sich noch zeitgerecht Gedanken über die forstlich-hydrogeologischen Auswirkungen machen, welche durch den Bau der geplanten Skianlagen auf der orographisch rechten Seite des Sextnerbaches unterhalb des Stiergartens bzw. des Hahnspiels zu erwarten sind. Diese geplanten größeren Skianlagen werden seit Jahren der Öffentlichkeit als notwendiger Zusammenschluss der beiden Skigebiete des Helms und der Rotwandwiese verkauft. Die hierfür erforderliche Waldfläche für die Skipisten, Aufstiegsanlagen, Zufahrtswege, Drainagen, Beschneiungsanlagen usw. wird voraussichtlich sicherlich ca. 10 ha erfordern. Der Oberflächenwasserabfluss kann daher bei einem Starkregen von 70 mm/h nach der Formel von Lauterburg Q = m/(3600 x 1000) x m2, wobei der Abflussbeiwert nach neuesten Erkenntnissen für Skipisten 80 % beträgt, ca 1,55 mc/sec ausmachen. Da der Oberflächenwasserabfluss des übrigen Einzugsgebietes der beiden Entwässerungsbäche, des sogenannten Gsell- und Bramstallbaches von ca. 3 km2 nach der Formel von Lauterburg 14,5 mc/sec ausmacht, kommt man bei einem angenommenen Starkregen von 70 mm/h auf insgesamt 16 mc/sec. Diese nicht zu unterschätzenden Wassermengen können und werden Unmengen von Geschiebe, Material und Wildholz in die Talsohle und zum Sextnerbach führen. Dabei muss man aber noch auf den ganz gefährlichen Zustand des Gsellbaches aufmerksam machen, welcher von der Höhenkote von 1.500 m ü.M. bergwärts auf einer Länge von ca. 150 m mit einem Tiefenschurf von 15-20 m in den auf Sextner Konglomerat aufgelagertem Hangschutt eine gefährliche, sogenannte Keilblaike (tiefe Erosionswunde) erzeugt hat. Dieser Geländeanbruch sollte ehestens durch eine Sperrenstaffelung verbaut, also geheilt werden, bevor sich diese Keilblaike weiter ausdehnen kann. Diese gefährliche Erosionserscheinung zeigt deutlich, wie verwundbar dieses scheinbar heile Gelände in Wirklichkeit ist. Aber nicht nur die Zerstörung des hydrogeologischen Gleichgewichtes des Einzugsgebietes der beiden Entwässerungsbäche bedeutet eine erhebliche Gefahr für das unterliegende Dorf Moos, sondern auch die Ausschaltung der letzen potentiellen Überschwemmungs- und Ausschottungszone der Signaue durch die notwendige Talstation für die Aufstiegsanlage zum Stiergarten und der einengenden Brücke über den Sextnerbach. Dieses flache Gelände in der Signaue ist die einzige noch vorhandene Zone, in welcher sich der Sextnerbach oberhalb von Moos noch ausbreiten kann und viel Material und vor allem Wildholz ablagern kann, das im verhältnismäßig kleinen Bachbett in Moos bei Hochwasser kaum schadlos abgeleitet werden kann.

Nachdem nun trotz wiederholter Mahnungen seitens der Hydrologen und Forsttechniker, mit den wasserabflussfördernden Eingriffen (Kahlschläge, Erdbewegungen aller Art usw.) endlich Schluss zu machen und stattdessen vorbeugende Maßnahmen zur Reduktion und Abschwächung der Hochwässer, wie z.B. den Bau von Hochwasserrückhaltebecken oder Großaufforstungen im Einzugsgebiet zu veranlassen, werden weiterhin von den zuständigen Behörden gefährliche Eingriffe zur Beeinträchtigung des hydrogeologischen Gleichgewichtes in den Einzugsgebieten geduldet, und damit eine zusätzliche Gefahr für die Unterlieger meist durch den Bau von Skianlagen und dergleichen gar unterstützt.

 

Was nun die letztlich geplante Skianlage mit der verkürzten bzw. amputierten Aufstiegsanlage zum Stiergarten und von diesem in Richtung des Villgraterbaches mit der ebenfalls kürzeren Schafalmabfahrt betrifft, kann man wohl feststellen, dass diese (amputierte) Skianlage in hydrogeologischer Hinsicht weniger schädlich als die ursprünglich geplante Anlage ist. Es ist allerdings fraglich, ob diese Anlage auch von den Skifahrern gern angenommen wird. Trotzdem wird der zum Bau der Schafalmpiste und der dazugehörenden Aufstiegsanlage notwendige Kahlschlag und die geplanten Erdbewegungen in einem eher rutschgefährdeten Gelände dazu beitragen, nicht nur den im vorigen Jahrhundert von der Wildbachverbauung durchgeführten Hochlagenaufforstungen und Bestandverdichtungen erzielten wasserregulierenden Effekt zunichte zu machen, sondern noch zusätzlich für den Villgraterbach recht gefährliche Oberflächenwasserabflüsse von der Schafalmpiste aufzunehmen. Dazu muss noch aufklärend gesagt werden, dass es sich bei dem Villgraterbach wohl wegen der unstabilen und allgemein rutschanfälligen Seitenhänge um den gefährlichsten Wildbach Sextens handelt, der wegen seiner Murtätigkeit in der Vergangenheit und besonders im Jahre 1882 und im Jahre 1921 größere Schäden in der „Palmstadt“ und auf dem Schwemmkegel angerichtet hat. Die noch im vorigen Jahrhundert von der Wildbachverbauung durchgeführten technischen und forstbiologischen Vorbeugemaßnahmen im Einzugsgebiet und im Unterlauf des Villgraterbaches werden kaum ausreichen, ein hundertjähriges Hochwasserereignis schadlos zu überstehen. Abschließend  muss noch einmal und mit Nachdruck auf zwei in forstlich-hydrogeologischer Hinsicht besonders gefährliche Maßnahmen und Tätigkeitsbereiche beim Bau der Skianlagen hingewiesen werden. Das betrifft zum einen den Bau der brettelebenen Skipisten, wobei durch die tiefgründigen Erdbewegungen der in Jahrtausenden gewachsene und mit einem starken Wurzelgeflecht ausgestattete Waldboden zerstört wird und durch aufgelockerten und erosionsanfälligen Boden ersetzt wird. Die meist maschinell bretteleben hergestellte Skifläche hat dann die vorhin bereits erwähnte oberflächenwasserableitende Eigenschaft. Zum anderen betrifft es den Bau der meist langen Rohrleitungen zu den Beschneiungsanlagen für die Skipisten. Für die Beschneiungsanlagen der Skipisten im Bereich des Stiergartens muss eine Rohrleitung von der Bergstation der Helmbahn über die Einzugsgebiete der drei Wildbäche Sextens geführt werden, wobei sehr oft auch instabiles und rutschanfälliges Gelände überquert werden muss. Eine kleine Geländeerschütterung kann dabei zu einem Rohrbruch führen und dabei Ursache eines Murganges werden, wie es bereits allein in den letzten 10 Jahren x-mal in Südtirol vorgekommen ist. Es ist sehr fraglich, ob diese wassertechnische Einrichtung von den hierfür zuständigen Organen und Behörden ausreichend geprüft und kontrolliert wird.

Es geht eigentlich um die Frage, was Priorität hat für die Behörde: eine langfristige Sicherheit für die Bevölkerung oder einen kurzfristigen und recht unsicheren ökonomischen Nutzeffekt!

 

Dipl. Ing. Dr. Ernst Watschinger                           Sexten, am 21.02.2012

 

 

 

 

 

 

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