TZ: Letzter Bus ins Hochpustertal gestrichen

Neue Südtiroler Tageszeitung, 12.10.2013 – Die letzte Busverbindung des Tages wurde sang – und klanglos gestrichen. Sehr zum Ärger der Jugendlichen, die nun nicht mehr wissen, wie sie am Abend von Bruneck ins Hochpustertal kommen sollen.

Lukas Patzleiner hat es anfangs gar nicht glauben können. Er arbeitet beim Jugenddienst Hochpustertal, und immer wieder beschwerten sich die Jugendlichen darüber, dass die letzte Busverbindung zwischen Bruneck und Innichen gestrichen worden sei. ,,Das hat weder Hand noch Fuß“, sagt Patzleiner, ,,auf der einen Seite werden neue Züge angekauft. Aber auf der anderen Seite streicht man Verbindungen, die gerade für die Jugendlichen besonders wichtig sind.“ Der Reihe nach: Bis Anfang September gab es einen Bus der um 23.15 Uhr in Bruneck losfuhr und alle Dörfer entlang der Srecke bis Innichen anfuhr. Gerade die Jugendlichen, die in Bruneck ein Hockeyspiel ansehen wollten oder für solche, die einfach abends noch mit Freunden etwas trinken wollten, war diese Busverbindung ideal. Am Samstag, das wissen die Jugendlichen, können sie länger bleiben, weil an diesem Tag der Nightliner verkehrt.
Jetzt ist alles anders.Ohne, dass man im Vorfeld der Fahrplanänderung darüber diskutiert hätte. Und ohne die Busreisenden über die Streichung zu informieren. Immer noch warten in Bruneck Leute vergeblich um 23.15 Uhr auf den Bus. Sie müssen sich dann mitten in der Nacht auf die Suche nach einer Mitfahrgelegenheit oder einem Taxi machen. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren möchte, muss den letzten Bus um 19.17 Uhr oder den letzten Zug um 21.31 Uhr nehmen.
Bei Lukas Patzleiner haben sich nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Eltern beschwert. Sie möchten, dass ihre Kinder sicher und wohlbehalten zu Hause ankommen. Einige von ihnen sind auch bereits bei den jeweiligen Bürgermeistern vorstellig geworden. Eine Unterschriftenaktion läuft. Aber beim Amt für Personennahverkehr scheint man sich der Sache sicher zu sein: Manuel Raffin, JG- Vorsitzender, hat sich ebendort informiert. Die Auskunft: Der Bus sei ein Relikt aus jener Zeit gewesen, in der alle Burschen ihren Militärdienst leisten mussten. Aber mittlerweile, das habe eine Erhebung aus dem Jahr 2012 ergeben, würden im Schnitt nur mehr 3,2 zahlende Passagiere pro Fahrt mitfahren. Und das sei zu wenig. Auserdem fahre auch anderorts zu dieser späten Uhrzeit kein Bus mehr. Für die Jugendlichen ist all das freilich kein Trost.

,,Eine Katastrophe“

Helene Huber wohnt in Nasen bei Percha und arbeitet in Bruneck. Sie erklärt, wie ihr der Fahrplanumstellung das Leben schwer macht.

TZ:
Frau Huber, ab Montag müssen sie mit neuen Fahrplänen zurechtkommen…

Helene Huber:
Ich bin total verzweifelt. Jetzt hat man bei uns die Busfahrpläne so verändert, dass wir ab Montag nicht mehr wissen, wie wir heimkommen sollen.

Wo liegt das Problem?

Derzeit fährt stündlich zumindest ein Bus von Bruneck über die Hauptstraße Richtung Percha. Aber jetzt werden Citybusse eingesetzt, mit denen die Fraktionen in Percha verbunden werden. Damit sollen wir zum Zugbahnhof kommen, wo halbstündlich ein Zug abfährt. Aber diese Citybusse fahren nur zwei mal pro Tag nach Nasen. Das funktioniert für uns nicht.
Wer ohne Auto zum Bahnhof kommen will, muss mit einer halben Stunde Fußmarsch rechnen. Das ist unzumutbar.

Wie lange brauchen Sie derzeit, um den Arbeitsweg zwischen Bruneck und Nasen zurückzulegen?

Wenn ich derzeit zehn Minuten bis zu meinem Arbeitsplatz benötige, wird es ab Montag eine knappe Stunde sein. Es gibt schon Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aber die Wartezeiten sind viel zu lang. Meine Arbeitszeiten sind flexibel, entsprechend konnte ich bisher heimfahren, sobald ich fertig war. Das geht nicht mehr. Und noch ein Beispiel. Mein Sohn arbeitet in Bruneck in einem Geschäft, aber nach 19.00 Uhr gibt es überhaupt keine Verbindung bis Percha mehr.

Hat Sie denn niemand über die neue Situation informiert?

Das ärgert mich furchtbar. Mit uns hat niemand gesprochen. Das wurde einfach über unseren Köpfen hinweg entschieden.

Was machen Sie denn jetzt?

Das weiß ich noch nicht. Ich fahre seit 15 Jahren mit dem Bus, habe kein Auto. Muss ich mir jetzt eines kaufen? Für berufstätige Frauen sind solche Fahrplanänderungen eine Katastrophe. Auf der einen Seite setzt sich die Politik zum Ziel, das öffentliche Verkehrsnetz auszubauen und nachhaltig zu sein. Und auf der anderen Seite tut man das genaue Gegenteil.

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2 Antworten auf TZ: Letzter Bus ins Hochpustertal gestrichen

  1. forum sagt:

    Ergänzende Information: Nasen bleiben nicht nur zwei Citybusse am Tag, Linie 431 von und nach Bruneck hält weiterhin an der Abzweigung nach Nasen, mit reduziertem Fahrplan, aber noch 10mal täglich pro Richtung.
    Anmerkung, nicht nur diesen Artikel betreffend: Das Wort „Katastrophe“ sollte mit etwas mehr Bedacht verwendet werden, und mit etwas mehr Respekt vor den Menschen, die von effektiven Katastrophen betroffen sind, wie wir sie leider immer wieder den Nachrichten entnehmen können. Dass z. B. Busverbindungen gestrichen werden, mag man als ärgerlich, ungerechtfertigt, Zumutung oder sonstwas bezeichnen, aber eine Katastrophe ist etwas anderes.

  2. forum sagt:

    Resümee eines Pendlers:

    Die Streichung der Busverbindung von Bruneck nach Innichen um 23.15 Uhr war ein Akt der Willkür und geht voll auf’s Konto von Landesrat Thomas Widmann! Zu Recht beschweren sich immer mehr Jugendliche wegen dieser gestrichenen Spätlinie. Eine Alternative gibt es nicht und so bleibt nur mehr die Benützung des eigenen Autos. Für Jugendliche unter 18 Jahre ist das ein Problem, es sei denn, sie werden von den Eltern überall hingefahren. Eine reduzierte Mobilität trifft aber auch Erwachsene, Pensionisten und Arbeitslose, die sich kein eigenes Auto leisten können, aber dennoch spät abends unterwegs sein müssen. Von wegen ,,optimale Anschlüsse und verbesserte Dienste“, Herr Widmann, es gibt sogar einige Verschlechterungen die Sie zu verantworten haben: Überfüllte Busse in den Morgenstunden, unzumutbare Situationen bei den Schulbussen der Oberschüler, die derart überfüllt sind, dass sie jeder Verkehrsicherheit widersprechen. Konzeptlose Probelinien quer durch das obere Pustertal, die zeitgleich mit dem Zug um die Wette fahren. Eine zentrale Haltestelle in Welsberg wurde von den Technikern der Autonomen Provinz Bozen im Einverständnis der Gemeinde Welsberg/Taisten auf Grund des Strassenkodex wegrationalisiert. Was soll das denn? Kein Wort vom zuständigen Verkehrsreferenten, gerade so als wenn es dieses Ressort gar nicht geben würde!!
    Na, bravo!
    Neue Citybusse sollen demnächst in der Marktgemeinde Welsberg/Taisten für ein neues Mobilitätsverhalten sorgen, dabei fährt derzeit immer noch ein Großteil der Bevölkerung mit dem eigenen Untersatz – meist alleine durch die Gegend.
    Am 2. Oktober 2013 warteten zahlreiche Fahrgäste im Bahnhof von Welsberg vergeblich auf den Zug, der von Welsberg um 9.07 Uhr nach Franzensfeste hätte fahren sollen. Nachdem die Fahrkarten entwertet wurden und der Zug längst schon einfahren hätte sollen, kam plötzlich die Durchsage, dass der Zug wegen techinischer Probleme ausfällt. Ersatzbus keiner! Wütende Pendler, die verärgert und viel zu spät zu ihrem Arbeitsplatz kamen, Personen mit unverrückbaren Terminen mussten sich ein teures Taxi nehmen um an ihr Zielort zu gelangen. Es gibt also noch viel zu verbessern und das kann nur gelingen wenn alle Partner gleichwertig und konstruktiv an einer neuen Mobilitätsversorgung mitarbeiten. Erst wenn wir alle Hausaufgaben gemacht haben und tatsächlich einen mustergültigen Personen -Nahverkehr haben, dürfen sich Landesrat Widmann und sein Amtsdirektor Burger im Ausland als ,, Die Besten“ beklatschen lassen.

    Michl Burger