Neugründung Gsieser Kulturverein

Geschätzte Freunde der Heimatpflege,

schicke Euch meine Stellungnahme zur Neugründung des Gsieser Kulturvereines.
Ob eine mediale Aussendung notwendig ist, müsste man mit dem örtlichen Obmann Herrn Bachmann Siegfried und der HPV – Landesleitung abklären.
Aber vielleicht wäre viel wichtiger, dass man zu den Aussagen von den Landtagsabgeordneten Maria Kuenzer und Georg Pardeller Stellung bezieht, die sich am Samstag vehement gegen den Erhalt alter Bausubstanz ausgesprochen haben. Sie sprachen von ,, schimmelig bis chemische Anstriche“ und dass ,,die Bauern nur mehr Vorschriften und Verordnungen einzuhalten haben“.
Die dafür notwendigen 4-5 Millionen € sind nirgendwo aufzutreiben!
(Wieviel öffentliche Gelder verschwinden unwiederbringlich in dunklen Kanälen?)

Anhang: Kommentar zur Neugründung
Foto :047 Weiler ,,Schuer“ St.Martin Gsies

Mit freundlichen Grüßen
Michael Burger

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Kommentar zum ,, Kulturerbe Gsiesertal“, anlässlich der Veranstaltung am 3. Dezember im Bürgersaal von St.Martin/Gsies

Gsies, am 6.Dezember 2010

Es ist sehr zu begrüßen, dass sich die Gsieser Gemeindeverwaltung mit dem Thema ,,Kulturerbe und Landschaftspflege“ beschäftigt. Ein Novum, denn bisher war das ein Tabu-Thema, betrachtete man doch die Landschaft als ein unantastbares Privateigentum, ein Privileg, das nur den Grundbesitzer vorbehalten war.

Doch das soll jetzt alles anders werden?

Die öffentliche Thematisierung hat einen wichtigen Aspekt zu Tage gebracht, nämlich, dass Landschaft, Architektur, Infrastrukturen usw. im öffentlichen Interesse stehen und somit als gemeinsamer Lebensraum angesehen werden müssen. Unerlässlich sind dabei klare Verhaltensregeln, die im Vorfeld zwischen dem Eigentümer und dem Nutznießer definiert werden müssen.

Zu dieser Erkenntnis gelangten die gut 70 Anwesenden bei der Veranstaltung am 3. Dezember 2010 im Bürgersaal von St. Martin in Gsies. Die zwei namhaften Referenten Dr. Kasal und Dr. Kronbichler zeigten anhand von positiven und negativen Beispielen, wie sich die Landschaft im Allgemeinen entwickelt hat.

Die Tourismuswirtschaft bedient sich gerne intakter Naturlandschaften, besonders wenn diese mit nostalgischen und authentischen Werbemotiven im Zusammenhang stehen. Alle Ferienregionen werben mit ihren Regionalprodukten, mit ihren landschaftlichen Besonderheiten und Reizen, mit Brauchtum, alter Bausubstanz und Kultur.

Seit dem Aufkommen des industriellen Zeitalters hat sich die Landschaft drastisch verändert. Wir unterscheiden heute zwischen Städtelandschaften, bebauter Landschaft, Kulturlandschaft und unberührter Landschaft, die nur mehr im hochalpinen Gebirgslagen vorzufinden ist. Die intensive Bewirtschaftung die vor allem nur mehr eine einseitige Nutzungsform kennt, hat zur Folge, dass man großteils nur mehr von Monokultur sprechen kann. Extensive Landschaften, Feuchtgebiete, Biotope und brachliegende Landbereiche findet man immer seltener.

Es liegt also an uns, wie wir zukünftig mit unserer Landschaft umgehen. Das Landschaftsbild muss als allgemeine Ressource gesehen werden und soll deshalb sehr behutsam und nachhaltig gepflegt und geschützt werden. Diese Erkenntnis muss allerdings noch viel fundierter und auf eine breitere Bewusstseinsbildung von der Gesellschaft akzeptiert und auch anerkannt werden.

Aktiver Landschaftsschutz braucht Zusammenarbeit.

Es sind also verschiedene Partner, die unterschiedliche Interessen vertreten. Ein partnerschaftlicher Umgang zwischen Landschaftsnutzer – Tourismus – Landschaftspflege – und Umweltschutz, muss auf einer funktionierenden Zusammenarbeit aufgebaut sein. Das erfordert eine gute Kommunikationsfähigkeit unter den Partnern, Toleranz und gegenseitiges Verständnis, daß stets respektvoll miteinander umgegangen wird. Gerade in der Peripherie ist die Diskussionskultur nicht sonderlich ausgeprägt. Vielfach wird heutzutage der schwächere Partner in Entscheidungen gar nicht erst involviert, übergangen und in Folge dessen, setzt sich meistens die Ökonomie vor der Ökologie durch.

Auch das Gsiesertal muss sich dessen bewusst sein, dass ein gepflegtes Landschaftsbild eine allgemeine Bereicherung und ein unbezahlbarer Mehrwert ist. Leider wurde in den letzten Jahrzehnten nahezu der gesamte Talboden ausgeräumt, die meisten Feldhecken wurden gerodet, Wassergräben zugeschüttet und von den Kleindenkmälern wie Wegkreuze, Zäune, Trockenmauern, Harpfen, usw. ist nur mehr wenig übrig geblieben. Hier könnte ein Landschaftsinventar – das einige Gemeinden schon erstellt haben – eine wichtige Funktion einnehmen. Eine Kartographie die eine Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Landschaftselemente erhebt, wäre auch für Gsies ein wichtiges Kontroll-Instrument, um überhaupt zu eruieren, wieviel und was noch vorhanden ist.

Angeblich sollen an die 2,5 Millionen Euro für Wiedergewinnungspläne und Renaturierungsmaßnahmen bereit stehen. Das Forstinspektorat Welsberg und Dr. Andreas Kronbichler werden mit den Arbeiten beauftragt.

Zu hinterfragen ist, ob derartig hohe Summen angemessen sind, wenn man bedenkt, dass beispielsweise im Schul –Sozialwesen und im Krankenhausbereich ständig von Einsparungen gesprochen wird.

Ebenso abzuklären wäre, wieviel von den Geldmittel in den überaus wichtigeren Bereich des Denkmalschutzes und in die vielen abbruchgefährdeten Gebäude investiert werden könnte.

Das Gsiesertal hat in diesem Bereich einen dringenden Nachholbedarf, die erforderlichen Geldmittel müssen gezielt für den Denkmal- und Ensembleschutz bereit gestellt werden.

Anlässlich der Neugründung des ,,Kulturvereins – Gsiesertal“ scheint wenig Transparenz zu herrschen. Es hat sich noch niemendöffentlich zur Neugründung bekannt. Präsident, Ausschuss, Mitglieder, Statuten usw. stehen noch im völligen Dunkel!

Tatsache ist, dass der örtlich angestammte Heimatpflegeverein nicht informiert wurde. Das Übergehen des Heimatpflegevereines ist nicht nachvollziehbar, hat sich doch der Verein stets um die ureigensten Kernthemen wie:

– Erhalt der Natur – und Kulturlandschaft

– Erhaltung von Flur- und Kleindenkmälern

– Erhalt von historischer Bausubstanz

– Bewahrung des Kulturgutes (Brauchtum, Sprache, Tracht, Volkskultur, Ortsnammensregelung, usw. eingesetzt.

Ein Paralellverein wäre nicht zielführend, da sich die Aufgabenbereiche überschneiden, so dass es zu unüberwindbaren Interessenskonflikten kommen dürfte. Nur ein offener und gemeinsamer Kulturverein bildet eine gute Grundlage, damit die geerbten Kulturgüter und die landschaftlichen Besonderheiten eines schönen Tales auch erhalten bleiben.

Resümee: Hätte man weniger zerstört, bräuchte man weniger öffentliche Gelder in die Renaturierung und Wiedergewinnungspläne von Kultur und Landschaft zu investieren!

Für den Heimatpflegeverband, Michael Burger

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