Antersasc-Lokalaugenschein: Brief an Elmar Pichler Rolle

An Herrn Landesrat Elmar Pichler Rolle, an die Teilnehmer des Lokalaugenscheines
Betrifft: Geplante Straßenerschließung Antersasc-Alm

Sehr geehrter Herr Landesrat, geschätzte Damen und Herren,
zurückkommend auf den gemeinsamen Lokalaugenschein möchten wir uns für die zum Großteil freundschaftlichen und interessanten Gespräche bedanken, welche wohl zu einer ganzheitlichen Entscheidungsfindung beitragen sollten. Gleichzeitig möchten wir die Gelegenheit nutzen, Gesagtes zusammenzufassen und zu ergänzen.
Bereits früher hatten wir das Forst-Infoblatt 2/2011 wegen des einseitigen und tendenziösen Berichtes kritisiert, in dem die Naturschutzämter heftig angegriffen wurden. Auch Reinhold Messner kommt darin ausgiebig zu Wort, um unwidersprochen alle Kritiker als weltfremd abzustempeln. Zu diesem Thema hatte Albert Willeit ein intensives Gespräch mit ihm, wo Messner äußerte, dass er diesen Weg in zwei Tagen als einfachen Traktorweg bauen würde und zwar auf der Trasse des alten Fuhrweges, aber nicht auf dem heutigen Wanderweg. Auch müssten seines Erachtens die Almhütten so erhalten bleiben und dürften nur saniert werden. Ob seine Worte auch diesbezüglich Wertschätzung finden?

Im Infoblatt steht weiters, dass die Alm immer schon als gemischte Alm genutzt wurde und zwar für Rinder und Schafe. Im Jahre 1969 wurden allerdings nur 2 Milchkühe, 4 Kalbinnen, 5 Kälber und 150 Schafe aufgetrieben. Seit dem Jahre 1993 wird die Alm nur mehr mit 150 – 200 Schafen bestoßen.

  • Univ. Prof. Ramanzin kommt nach Analyse der Almsituation auch zum Schluss, dass sich die Alm nur für die Schafweide eignet (Begründung: Futterangebot, Wassermangel, Erosion, Geländebeschaffenheit). Nur im günstigsten Bereich könnten dazu höchstens 5 GVE (Kühe) weiden. Dies wird von der Forstbehörde zwar bestritten, sie kommt in ihrer optimistischen Berechnung jedoch auch nur auf 15 GVE (zuzüglich der Schafe). Insofern ist die landwirtschaftliche Nutzung der Alm durch „Großvieh“ sehr beschränkt und wohl von untergeordneter Wichtigkeit.
  • Die ablehnenden Argumente des vom Land beauftragten Gutachters betreffen ästhetische, landschaftliche und ökologische Überlegungen. Insbesondere wird darin hervorgehoben, dass es sich um ein unberührtes  Gebiet handelt, das im Naturpark Puez Geisler liegt, als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen wurde und Teil des UNESCO-Weltnaturerbes der Dolomiten ist. Aufgrund der besonderen landschaftlichen Situation ist das öffentliche Interesse am Erhalt des Gebietes in seiner Unberührtheit höher zu bewerten, als das Interesse an der Erschließung dieser Alm. Der Gutachter führt an, dass derzeit  eine sehr extensive Almwirtschaft betrieben wird, das Gebiet sei zudem wenig anthropisiert und die daraus resultierenden landschaftlichen Charakteristiken sollen auch in Zukunft erhalten bleiben. Für diese Art der Almbewirtschaftung ist eine Straße nicht unbedingt notwendig.
  • Mehrere Anwesende meinten, dass es zur Sanierung der Gebäude nicht unbedingt einen Weg braucht, auch wenn es damit zweifellos einfacher und langfristig kostengünstiger wäre. Ein Problem ist aber, dass der Tierarzt bis zur Alm fahren muss, weil er nicht zu Fuß gehen würde. So gesehen darf einem Tier im weitläufigen Gelände der Alm nichts passieren, da würde auch eine Straße nichts nützen.
  • Auch die Forstbehörde räumt ein, dass der Wassermangel im Bereich der Almgebäude ein Problem darstellt und für eine intensivere Nutzung erst eine Lösung gesucht werden müsste.
  • Das Problem des Gülleantransportes stellt sich bei dieser Alm zwar nicht, weil die neue Zufahrt viel zu steil ist (bis zu 27 %). Dies führte bereits jetzt zu Erosionen und notwendigen Instandhaltungsarbeiten.
  • Die Kosten für den Wegebau werden von der Forstbehörde mit 60.000 € angegeben, davon zahlt das Land 75%. Für fast 1 km neuer Wegtrasse scheint dieser Betrag aber völlig unzureichend zu sein.
  • Eine kleine gastwirtschaftliche Nutzung auf der Alm mit vor allem dort produzierten Produkten (Milch, Butter, Käse) wäre sicher zu begrüßen.
  • Ein nicht nachvollziehbares Problem stellt die Gleichbehandlung erschlossener und nicht erschlossener Almen dar. Nicht mit Straßen erschlossenen Almen sollen endlich finanziell stärker gefördert werden, wie der Dachverband schon länger fordert.

Bei diesem Treffen (und auch früher) wurde gesagt, dass man ohne Zufahrtsstraße keinen Senner mehr findet, weil man dem Senner (und dem Tierarzt) nicht zumuten kann, 20 Minuten zu Fuß zu gehen. Deshalb schlagen wir vor, den bestehenden Wanderweg soweit zu verbessern und zu verbreitern, dass man diese Strecke mit einem Motorrad befahren kann. Dadurch wäre ein großes Problem gelöst und es kann so auch das Wichtigste transportiert werden. Sogar für Forstinspektor Regele wäre dies eine mögliche Lösung, wäre da nicht die notwendige Gebäudesanierung. Doch diese könnte anders gelöst werden.

Nachdem uns vielfach vorgeworfen wird, dass wir nur kritisieren und nichts Konkretes beitragen wollen, schlagen wir Folgendes vor: Sollte unser Kompromiss aufgenommen werden, bieten wir dem Besitzer die kostenlose Planung zur sanften Sanierung der Almgebäude durch das Büro willeitarchitektur an.

Zum Schluss rufen wir nochmals auf, die letzten unerschlossenen Almen zu erhalten und diese als großen Mehrwert für die Zukunft zu betrachten.

Sehr geehrter Herr Landesrat, wir hoffen nun, dass man, und Sie im Speziellen, die Argumente Ihrer Landschaftsschutzbehörden, und der Naturschutzverbände ernst nimmt und die politische Entscheidung danach ausrichtet. Allerdings sieht es nach Ihrer ersten medialen Stellungnahme nicht danach aus. Darüber sind wir sehr verwundert.

Mit freundlichen Grüßen

 

Albert Willeit                                                        Klauspeter Dissinger

i.V. Heimatpflegeverband Südtirol              i.V. Dachverband für Natur- und Umweltschutz

Bozen, 7.8.2013.

 

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