Zur Erinnerung: Was wir immer schon sagten. LBe 1988

Die Zeit vergeht, ohne dass sich in der politischen Einsicht und Ausrichtung viel geändert hat! Mit Bedauern muss man feststellen, dass die damalige Befürchtung zum Großteil eingetreten ist, weil sich nämlich viele Ortschaften nicht sanft sondern leider radikal entwickelt haben und uns diesbezüglich noch Einiges bevorsteht, gerade hinsichtlich des letzthin verabschiedeten Beschlusses zur Ankurbelung der Bauwirtschaft mit Kubaturbonus. Bei den Straßenbauten ist es ähnlich, auch dort ist man im damaligen Stil fortgefahren.

HeimatpflegeverbandThema Dorferneuerung und Raumordnungsplan

Der Europarat hat Mitte des vorigen Jahres die „Kampagne für den ländlichen Raum“ ins Leben gerufen. Die Zielvorstellungen werden schlagwortartig folgendermaßen umrissen:

Sicherung von würdigen Existenzbedingungen im ländlichen Raum durch zielgerechte Raumordnung und Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen, Neuorientierung der Land- und Forstwirtschaft, Neuorientierung der Wirtschaftspolitik im Hinblick auf eine breitere Auffächerung der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen, Schutz der Umwelt, Schutz der Kulturlandschaft und des kulturellen sowie architektonischen Erbes sowie Verbesserung der sozialen Probleme im ländlichen Raum (Existenzbedingungen der Frau, Probleme der Jugendlichen und Älteren).

Die Ziele dieser Kampagne weisen auf die umfangreichen „Leitlinien einer Raumordnungspolitik für die ländlichen Räume in Europa“ (1978) hin. Die Europäische Raumordnungs-Charta enthält neben zahlreichen Anliegen der Umweltgestaltung in der weiteren Folge besondere Ziele u.a. für den ländlichen Raum, für Grenzräume, Berggebiete, entwicklungsschwache Räume sowie wirtschaftlich bedrohte Räume.

Nun wird schon seit Jahren in unseren Nachbarländern, vor allem in Österreich und Deutschland, die Aktion „Dorferneuerung“ durchgeführt und gefördert. Diese lobenswerte Initiative sollte auch in Südtirol in Angriff genommen werden. Doch müsste der Schwerpunkt nicht nur in der baustrukturellen bzw. ortsbildmäßigen Sanierung liegen. Deshalb wäre die Dorferneuerung auch in die Gemeindeentwicklung und Regionalpolitik einzubinden und umgekehrt. Vielleicht könnten noch nicht berücksichtigte Aspekte der „Kampagne für den ländlichen Raum“ im Landesraumordnungsplan ihren Niederschlag finden, damit sich in strukturschwachen Ortschaften keine radikale, sondern eine „sanfte“ Entwicklung vollzieht.

Für diese Kampagne wäre meines Erachtens der Gemeindenverband die richtige Plattform für Aktionen in den Gemeinden. Jedenfalls sollte man sich die Erfahrungen jener (z.B. Projektgruppe Raumordnung, Linz) zunutze machen, welche schon jahrelang in diesem Bereich arbeiten.

Albert Willeit, Gais

Dolomiten, Leserbrief, 9.2.1988.

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Eröffnung Südumfahrung Bruneck

Nun ist’s soweit: Am 22. Dezember (1988) wird die Südumfahrung von Bruneck feierlich dem Verkehr übergeben. Damit ist nach über sieben Jahren (!) Bauzeit und einer Versiebenfachung der Kosten das erste Teilstück der neuen Pustertaler Straße fertiggestellt. Jetzt wird sich jeder den Endausbau der gesamten 70 Kilometer langen Straße durch das Pustertal in seiner Gigantomanie (kreuzungsfreie Ausfahrten, Böschungsmauern, Brücken, durchgehende Leitplanken, Hinweisschilder) vorstellen können.

Doch die Verantwortlichen treiben das großzügige Projekt mit Nachdruck weiter, obwohl sich alle möglichen Verbünde und Gruppierungen für eine Reduzierung der Straßenbreite, der Entwurfsgeschwindigkeit. der Kurvenradien, gegen die Kreuzungsfreiheit und für kurze Ortsumfahrungen aussprachen. Dies haben zuletzt auch führende Pustertaler SVP-Exponenten und einiges davon sogar die Landesregierung beschlossen. Wenn diese Entscheidung nicht geschlossen und mit Nachdruck gegenüber der ANAS vertreten wird, dann wird man den Verdacht nicht los, dass es sich nur um ein wahltaktisches Manöver gehandelt hat.

Die zukünftige Wichtigkeit unserer Talstraße für den internationalen Fernverkehr kann man daran ersehen, dass bei der Übergabe sogar Minister Ferri anwesend sein wird. Diese Gelegenheit könnte genutzt werden, den Standpunkt der Bevölkerung darzulegen und eine bescheidenere Lösung zu fordern. Doch es wird wohl nur gelobt, gedankt und um weiteres Geld gebeten werden, obwohl von den Dutzenden Milliarden nichts im Lande bleiben wird. Man merke: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten – wer große Straßen sät, wird auch entsprechend mehr Verkehr ernten… Ob es da noch viel Grund zum Feiern gibt?

Albert Willeit, Gais

Dolomiten, Leserbrief, 20.12.1988.

 

 

 

 

 

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