PZ: Südausfahrt und Schlossgarage – Die Blechsillage bedarf eines Silos

Pustertaler Zeitung 05-605/13, 08.03.2013 – Die Stadt Bruneck hat bekanntlich größere Probleme mit ihrem Verkehr: Die Ausfahrt aus der Südumfahrung lässt seit Jahrzehnten auf sich warten. Sinnvoll ist diese Südumfahrung aber nur, wenn gleichzeitig ein Auffangparkplatz in Zentrumsnähe errichtet wird. Die geplante Tiefgarage unter der Schlossbergwiese wurde zwar im Mai des Vorjahrs von einer Mehrheit im Gemeinderat gutgeheißen, aber gebaut ist sie noch lange nicht – zumal der Landesbeirat für Baukultur und Landschaft in einem Gutachten wesentliche Verbesserungen anmahnt.  

Was die Ausfahrt aus der Südumfahrung angeht, hat Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler in seiner Vorschau auf das laufende Jahr angekündigt, dass die Landesverwaltung innerhalb Juni 2013 die Planung abgeschlossen haben wird und dann die Ausschreibung der Bauarbeiten anlaufen kann. Der Bau der Südausfahrt soll aller Voraussicht nach 2014 beginnen. Auch die Finanzierung mit Landeshilfe soll bereits gesichert sein. Die Südausfahrt macht freilich nur dann wirklich Sinn, wenn zugleich als Auffangparkplatz eine Tiefgarage in Zentrumsnähe errichtet wird. Dieser Parkplatz soll den Zielverkehr in das Stadtinnere auffangen und den Durchgangsverkehr verringern. Zudem soll auch für Private genügend Parkraum zur Verfügung gestellt werden. Der Brunecker Gemeinderat hat sich im Mai 2012 zwar mehrheitlich für die Tiefgarage unter der Schlossbergwiese entschieden – doch damit scheint es nun einige Probleme zu geben. Der Landesbeirat für Baukultur und Landschaft hat Ende 2012 ein Gutachten über die Parkgarage unter der Schlossbergwiese abgeliefert. In diesem Gutachten zur geplanten fünfgeschossigen Parkgarage, die für 600 Parkplätze ausgelegt ist (200 davon sollen der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt werden), wird das Verkehrskonzept der Stadt Bruneck zwar insgesamt als „logisch und sinnvoll aufgebaut“ bezeichnet, denn die „Platzierung von Parkierungsanlagen an den Zufahrten zum Zentrumsbereich entlastet diesen von Durchgangs- und Suchverkehr“.

Trugschluss“
Doch dann folgt eine Reihe von Einwänden gegen das Projekt: Zum einen „verlangt dieses Vorhaben an einer sehr sensiblen Stelle im historischen Stadtgefüge von Bruneck einen baulichen Eingriff. Es ist sicher allen bewusst, dass die Schlossbergwiese als Teil des historischen, landschaftlichen Hintergrundes der Altstadt wie auch als Frei- und Nahraum des Schlosses nicht bebaubar ist. Diese Selbstverständlichkeit führte bei der geplanten Parkgarage zur vorliegenden unterirdischen Lösung. Dabei entpuppt es sich jedoch als Trugschluss, dass ein unterirdisches Gebäude an der Oberfläche nicht wahrgenommen werden kann. Es sind die unweigerlich nötigen Öffnungen, die als Zeichen einen baulichen Eingriff im Untergrund gegen außen ablesbar machen. Auch die topographischen Auswirkungen, obwohl das Gebäude mit genügender Überdeckung mit Erdreich geplant wird, werden, im Zusammenhang mit den sichtbaren Öffnungen, den Baukörper ablesbar machen. Der Landesbeirat ist daher klar der Meinung, dass die nötigen Öffnungen präzise und in einem durchgehenden architektonischen Thema ausgeführt werden müssen. Selbstverständlich immer im Bewusstsein des sehr sensiblen historischen Kontextes. Das Ausmaß sowie die Organisation der Tiefgarage haben sich zwingend diesem Öffnungsthema und der Öffnungslage unterzuordnen oder anzupassen. Somit können wirtschaftliche Überlegungen und Zwänge an dieser diffizilen städtebaulichen Lage nur zweitrangig Einfluss nehmen. Die Öffnungen sowie die Führung und Lage der Fußgängererschließung sollten auch bewusst als Bereicherung eines Ankommens in der Stadt thematisiert werden und die im jetzigen Projekt innenräumlich unattraktiven Wegführungen deutlich verbessern.“

„Optimale Lösung“
Sollte dieses Problem nicht zufriedenstellend gelöst werden, sieht der Landesbeirat ein großes Problem: „… bei einer nicht dem Kontext entsprechenden Lösung (besteht) die Gefahr der nachhaltigen Zerstörung der heute noch intakten Kulturlandschaft und damit der Abwertung der einzigartigen Gesamtwirkung Schloss, Altstadt und Landschaft (Naherholungsgebiet).“ Und der Landesbeirat zieht das ernüchternde Fazit: „Es wäre dringend erforderlich, für diese Aufgabe, losgelöst von der technischen Planung der Tiefgarage, einen Studienauftrag oder Wettbewerb unter mehreren Architekten zu veranstalten, um die beste Lösung für die Aufgabenstellung und für die Stadt Bruneck zu erhalten.“

Diese Mängel sieht der Landesbeirat für Baukultur und Landschaft als so gravierend an, dass er zum Schluss gar die ganze Tiefgarage unter der Schlossbergwiese infrage stellt: „Es wäre auch angebracht, als Alternative einen weiteren geeigneteren Standort für die Parkierungsanlage in diesem Raum zu suchen. Es ist dem Landesbeirat bewusst, dass dies einen zeitlich engen Weg darstellt, aber es kann sich auch bei einer weiteren Planung ergeben, dass es keine optimale Lösung der Öffnungen in diesem historisch einmaligen Ensemble gibt. Und es kann hier auf jeden Fall nur die optimale Lösung sein.“Wie aus der Gemeindeverwaltung durchsickerte, soll ein solcher Wettbewerb zur Verbesserung der Tiefgarage unter der Schlossbergwiese ausgeschrieben werden, auch wenn das geraume Zeit in Anspruch nehmen wird.

Kosmetische Eingriffe?
Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler kommen diese Einwände alles andere als gelegen, zumal er auf den schnellen Bau der Südausfahrt und der Tiefgarage drängt. Bei der Ratssitzung am 28. Jänner legte er dieses Gutachten freilich so aus, als ob es nur einiger kosmetischer Eingriffe am Projekt unter der Schlosswiese bedürfe, um es dann ohne Verzögerungen durchzuwinken. Zudem erwähnte Tschurtschenthaler eine weitere Stellungnahme des Landesbeirats für Baukultur und Landschaft, aus der hervorginge, dass der Landesbeirat auch das Projekt einer Tiefgarage in der Schlosskurve als „nicht ideal“ bewerte. Architekt Werner Franz, der diese Garage mit drei Parkdecks in der Schlossbergkurve im Auftrag der Brunecker Fraktionsverwaltung geplant hat, will diese Behauptung nicht unkommentiert im Raum stehen lassen: „Zum einen gibt es dieses zweite Gutachten laut Auskunft von Mitgliedern des Landesbeirats gar nicht; zum anderen ist die Auslegung des Bürgermeisters, was die Parkdecks in der Schlosskurve angeht, nicht zutreffend.“

Denn Werner Franz ist nach wie vor davon überzeugt, dass eine Garage mit Parkdecks in der Schlosskurve mit geplanten 450 Stellplätzen für Bruneck insgesamt sinnvoller wäre als eine fünfgeschossige Tiefgarage unter der Schlossbergwiese. Sie hätte laut Ansicht ihrer Befürworter (darunter Fraktionsverwaltung, Grüne Ratsfraktion, Kronplatz Seilbahn AG, Prof. Knoflacher, Architekt Hempel) eine Reihe von Vorzügen gegenüber dem Projekt auf der Schlossbergwiese: bessere strategische Lage (näher am Stadtzentrum mit Stadtgasse, Graben, Rathaus und neuer Bibliothek), unmittelbarer Zugang sowohl zur unteren Stadtgasse (Ursulinen) als auch zum Seeböckhaus in der Oberstadt und mittels Aufzug auch zum Schloss; bessere Einfügung in das Brunecker Gesamtverkehrskonzept und bessere Bewertung aus der Sicht des Landschafts, Denkmal- und Ensembleschutzes. Die Tiefgarage im Bereich der Schlossbergwiese soll demgegenüber mit ihren 600 Stellplätzen vor allem den Besuchern der Pfarrkirche, des Friedhofs, der Musikschule und generell der Oberstadt Parkmöglichkeiten bieten. Wie es derzeit aber aussieht, hat die Brunecker Gemeindeverwaltung nicht die Absicht, auch die Garage mit Parkdecks in der Schlosskurve noch einmal vom Landesbeirat für Baukultur und Landschaft umfassend prüfen zu lassen, wie dieser das angeboten hatte.

Verkehrschaos am Graben?
Architekt Werner Franz betont aber, dass es ihm nicht darum geht, das Projekt der Tiefgarage unter der Schlossbergwiese schlecht zu reden und seinen eigenen Entwurf in der Schlosskurve unbedingt durchzuboxen: „Ich respektiere selbstverständlich den Beschluss des Gemeinderats.“ Aber als aufmerksamem Beobachter der Brunecker Stadtentwicklung liegt Franz viel daran, dass die Verwalter der Rienzstadt in einer so wichtigen Frage keine Entscheidungen treffen, die sich langfristig als „gravierende Fehler“ herausstellen könnten. Franz: „Auf die zentrale Frage wurde bislang noch immer keine Antwort gefunden; es fehlt nach wie vor eine Studie, die die Auswirkungen der Südausfahrt auf das Stadtzentrum und die nötige Zahl und Lage der Parkplätze im Bereich des Schlossberges untersucht, um ein vorhersehbares Verkehrschaos an der Reischacher Kreuzung und am Graben zu vermeiden. Die Gemeindeverwaltung übernimmt mit ihrer Entscheidung für die Tiefgarage unter der Schlossbergwiese eine sehr große Verantwortung.“

hpl

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