PM BL Sexten: Die Helm-Rotwand-Story

Historie der Genehmigungsverfahren der Projekte „Schitechnische Verbindung der zwei Schigebiete Helm und Rotwandwiesen“ in der Gemeinde Sexten (wichtige Eckdaten, Widersprüche und Hinweise)

Vorwort:
Während man sich im Raum Bruneck auf die schitechnische Erschließung des Kronplatzes konzentriert hat und die umliegenden Hänge und Berge im Großen und Ganzen verschont hat, geht man im Raum Hochpustertal andere Wege. Dort möchten führende Wirtschaftler und Touristiker gemäß Salamitaktik alle besten Aussichtspunkte mit Panoramablick für den Schitourismus erschließen und sie schrecken dabei auch nicht vor landschaftlich und ökologisch sensiblen Gebieten zurück, wie auch konkret in diesem Falle Helmgebiet!

Die Frage, ob durch den Zusammenschluss Helm- Rotwand  ein sensibles Gebiet betroffen ist, scheint uns wesentlich, wenn es um die Genehmigung dieses Projektes geht.Wichtige Stationen:

  • Begehung des Gebietes am 17.06.2009 gemeinsam mit dem Wildbiologen Dr. Peter Ortner und dem ehemaligen Forstinspektor Dr. Karl Obwegs: Beide Experten zeigten sich begeistert über dieses noch weitgehend naturnahe und intakte Gebiet zwischen Villgraterbach und Klammbachalm. Dr. Peter Ortner fielen besonders die vielen Moore in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien auf. Dr. Karl Obwegs verwies auf verschiedene Bioindikatoren im Bereich der Waldgrenze, welche auf ein ökologisch gesundes und wertvolles Gebiet hinweisen. Beide stimmten überein, dass es sich hier wegen unterschiedlicher Kleinlebensräume und Pflanzengesellschaften um ein Gebiet mit hoher Biodiversität handeln würde, welches auch die Voraussetzungen für ein Natura 2000 Gebiet hätte.
  • Seit Sommer 2010 gibt es in Südtirol ein neues Naturschutzgesetz (L.G. 12.05.2010 Nr. 6). Demzufolge ist es nicht nur verboten, vollkommen geschützte Pflanzen zu pflücken, auszugraben oder für gewerbliche Zwecke zu nutzen, sondern auch die Standorte negativ zu verändern bzw. gar zu zerstören.
  • Strategische Umweltprüfung (SUP) für Pläne und Programme laut L.G. vom 05.04.2007 Nr. gemäß Richtlinie 2001/42/EG des europäischen Parlaments vom 27.06.2001. Der Umweltbeirat hat in dieser Überprüfung für die Eintragung in den Fahrplan ein negatives Gutachten abgegeben, mit dem Hinweis auch auf Artikel 3 der Durchführungsbestimmungen (Ziele des Fachplanes) (siehe Gutachten des Umweltbeirates Nr. 03/2010 vom 03.02.2010 mit dem Hinweis: Die weitere Ausdehnung in ökologisch und landschaftlich sensible Bereiche ist untersagt.)
  • Die Landesregierung hat mit Beschluss vom 07.06.2010 Nr. 963 die Durchführungsbestimmungen nicht eingehalten, obwohl dieselben laut Art. 1 rechtlich verbindlich sind und dennoch die Verbindung Helm- Rotwand in den Fachplan für Aufstiegsanlagen und Schipisten aufgenommen.
  • Nachdem die Landesregierung mit Beschluss vom 26.07.2010 Nr. 1316 das Projekt als umweltverträglich genehmigt hatte und nachdem bei der Gemeindebaukommission bereits am 04.08.2010 das Projekt zwecks Baukonzession positiv abgehandelt wurde, ohne die Rekursfrist für den Beschluss der Landesregierung abzuwarten, war dringendes Handeln gefordert. Deshalb reichten der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der WWF ITALIA als rekurswerbende Parteien am 08.09.2010 beim regionalen Verwaltungsgericht Rekurs gegen die Beschlüsse der Landesregierung ein.
  • In seinem Aussetzungsbeschluss Nr. 163/10 vom 12.10.2010 hat dieses Verwaltungsgericht nicht nur die Berechtigung der Klage und die potentielle Gefahr in Verzug treffend beurteilt, sondern auch die Sach-und Rechtslage aus unserer Sicht sehr gut auf den Punkt gebracht. Das Verwaltungsgericht verweist insbesondere auf Art. 9 der Verfassung, demzufolge „der Schutz der Landschaft“ verfassungsrechtliche Priorität genießt, gerade bei landschaftlich und ökologisch sensiblen Gebieten.
  • Deshalb hat das Verwaltungsgericht bei der Sachverhandlung am 09.02.2011 ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, und zwar an Prof. Dr. Ulrike Pröbstl (BOKU Wien).
  • Auch Frau Prof. Pröbstl hat in ihrer Gebietsbeschreibung hinsichtlich landschaftlicher – ökologischer und hydrogeologischer Aspekte (Gutachten vom 10.10.2011) erklärt, dass es sich hierbei um einen wertvollen, sensiblen, eigenständigen Landschaftsbereich  mit klarer Begrenzung durch zwei Gebirgsbäche handelt. Sie schreibt weiters: „Es kann daher auch nicht als Zwischengebiet der Schigebiet Helm und Rotwand angesehen werden!“ (Siehe Gutachten Teil A – Beschreibung des Gebietes und der ökologischen, landschaftlichen und hydrogeologischen Aspekte!)
  • Somit wird klar, dass das Vorhaben der Sextner Dolomiten AG nicht den Zielen des Fachplanes (ART. 3 der Durchführungsbestimmungen des Fachplanes) entspricht, nämlich Verbindungen innerhalb der Schigebieten zu schaffen, da es sich hier um eine Neuerschließung handelt.
  • Am 04.12.2011 wurde von der Sextner Dolomiten AG an die Gemeinde Sexten ein Antrag auf Bauleitplanänderung für ein Varianteprojekt eingereicht. Dieser wurde am 28.12.2011 vom Gemeinderat mehrheitlich positiv bewertet (drei Gegenstimmen der Bürgerliste Sexten) trotz der Hinweise der Vertreter der Bürgerliste auf eklatante Widersprüche zu den Durchführungsbestimmungen des Landesfachplanes für Aufstiegsanlagen und Schipisten.
  • In Folge wurde am 11.01.2011 von der Sextner Dolomiten AG das Ausgangsprojekt zurückgezogen. Ein paar Tage später annullierte die Landesregierung ihre eigenen Beschlüsse zur Umweltverträglichkeit und teilweise die Eintragung in den Fachplan (Verwirrungstaktik?).
  • Eine erneute UVP für die Variante-Verbindung (?), neues Projekt (?) wurde eingeleitet.
  • 14.09.2012 Bürgerversammlung Haus Sexten im Rahmen der UV- Prüfung des 2. Projekts: Der Biologe Dr. Stefan Gasser bekräftigt, dass das besagte Gebiet alle Voraussetzungen aufweist für ein Natura 2000 Gebiet.
  • Im Rahmen dieser Umweltverträglichkeitsprüfung wurde von einer Arbeitsgruppe ein technisch wissenschaftliches Qualitätsurteil erstellt, welches die Entscheidungsgrundlage für das Gutachten des Umweltbeirates und in weiterer Folge für die Landesregierung bildete. In diesem Qualitätsurteil vom 06.11.2012 finden sich brisante Hinweise und Details, die eine positive Bewertung nicht rechtfertigen:
    Qualitätsurteil Seite 3: In der Summe werden in der Umweltverträglichkeitsstudie sechs Konfliktsituationen mit sehr sensiblen Lebensräumen bzw. mit Arten identifiziert, welche unter europäischem Schutz ( Natura  2000) stehen und die bei Verwirklichung des Projektvorhabens irreversibel zerstört werden.
    Qualitätsurteil Seite 5: Hier wird besonders auf die negative CO² – Bilanz des Projekts hingewiesen. Damit entspricht das Bauvorhaben wohl kaum den Zielen der Eu-Richtlinie 2001/ 42/EG vom 27.06.2001(Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen, und zwar aus folgenden Gründen: Gemäß Art. 174 des Vertrages trägt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips unter anderem zur Verwirklichung der nachstehenden Ziele bei: Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihre Qualität, Schutz der menschlichen Gesundheit, umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen. Gemäß Art. 6 des Vertrages müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung der Gemeinschaftspolitiken und Maßnahmen, insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.
  • Mit Beschluss vom 27.12.2012 Nr. 1933 hat die Landesregierung  auch das 2. Projekt in den Fachplan aufgenommen ohne strategische Umweltprüfung (siehe neg. Gutachten des Umweltbeirates vom 09.02.2010).

Kurz zusammengefasst muss festgestellt werden, dass beim Genehmigungsverfahren für die schitechnische Verbindung Helm-Rotwand Durchführungsbestimmungen und Gesetze sowie EU- Richtlinien wie oben angeführt nicht eingehalten werden.

Schlussbemerkungen:Um diese noch weitgehend intakte Naturlandschaft mit hoher Biodiversität längerfristig erhalten zu können, muss wohl die Ausweisung eines grenzübergreifenden Natura 2000 Gebietes am Karnischen Kamm angestrebt werden. Es wird vorgeschlagen, zwischen Helmgipfel und Pfannspitze, einschließlich der darunterliegenden Almen und Bergwälder, ein Natura 2000 – Gebiet auszuweisen. Selbstverständlich müsste durch entsprechende Durchführungsbestimmungen dafür gesorgt werden, dass eine extensive Almwirtschaft sowie Forstwirtschaft ermöglicht bleibt, da sonst ein zu großer Widerstand vorprogrammiert ist.

Die Bürgerliste Sexten
Sexten, am 14.02.2013
Georg Fuchs
Regina Senfter Stauder
Dr. Hans Peter Stauder

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