Thuns Schrecken

Neue Südtiroler Tageszeitung, 13.12.2012 – von Silke Hinterwaldner

,,Bei diesem Anblick muss ich an Disneyland denken“, sagt Hartl Lösch, ,,auf jeden Fall haben wir es hier mit einem hochstehenden Kulturprodukt zu tun.“ Lösch ist nicht nur Architekt, sondern auch Präsident des Kuratoriums Stiftsmuseum und muss daher immer wieder an diesem eigentümlichen Weihnachtsmann vorbeigehen. Denn: Seit einigen Wochen steht, oder vielmehr liegt, ein rotbekleideter Weihnachtsmann auf dem Platz vor der Michaelskirche im Dorfzentrum von Innichen. Unverkennbar stammt das Design der Figur aus dem Hause Thun. Der Weihnachtsmann ersetzt heuer den Thun-Engel, der im vorigen Winter an Ort und Stelle über Einheimische und Gäste wachte. War schon das überdimensionale Engelchen vielen Innichnern ein Dorn im Auge, ist es der Weihnachtsmann umso mehr. Sie finden ihn ,, gelinde ausgedrückt einfach nur hässlich“, sagt Lösch.

Hanna Erharter, Direktorin des Tourismusvereins Innichen, hat davon gehört. Sie hat aber auch gesehen, dass der Weihnachtsmann gerade bei den italienischen Gästen besonders gut ankommt. Sie sagt:,, Wie beim Thun-Engel stehen die Gäste manchmal sogar Schlange, um ein Foto mit dem Weihnachtsmann zu knipsen.“ Innichen ist eben eine Gemeinde, in der der Tourismus eine sehr wichtige Rolle einnimmt. Da verzichtet man schon einmal auf die eigenen Adventskultur, um den Gästen eine Freude zu bereiten. Aber wie kommt der Weihnachtsmann nach Innichen? Touristiker haben in Innichen ein Komitee gegründet, das den Namen ,,Dolomiten Weihnacht“ trägt. Diese Hoteliers haben mittlerweile einige Aktionen gesetzt, unter anderem geht die Weihnachtsbaumaktion in den Wäldern um Innichen auf ihr Konto. Sie haben auch den Thun-Weihnachtsmann ins Dorf geholt. Aber, wie gesagt: Während die einen darüber schimpfen, haben die anderen offenbar ihre Freude an dieser Figur.

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Eine Antwort auf Thuns Schrecken

  1. forum sagt:

    Eigentlich sollte man darüber nur schmunzeln und hoffen, dass die Innichner Müllentsorgung diesen formlosen und kitschigen Weihnachtsmann, der wahrscheinlich aus China kommt, noch vor den Weihnachtsfeiertagen entsorgt. Ähnliche Schreckgespenster in Form von Micky – Maus und anderen Disneyland – Figuren findet man auch in anderen Tourismusgebieten Südtirols. Leider sind diese Auswüchse auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft , die damit diesen kitschigen und oberflächlichen Plastikplunder nachfrönt. Gerade die Touristiker, die immer so von Authentizität, Qualität und Regionalität werben, lassen sich von einen globalen Allerwelts-Kitsch beeinflussen. Kategorie: Niveaulos!
    michl burger