Der raine Wahnsinn. Letzte TZ- Berichte

Neue Südtiroler Tageszeitung, Mittwoch, 14. November 2012

Arbeitslosengeld für Rainer

Er war mit einem Jahreseinkommen von über 200.000 Euro einer der bestbezahlten Manager im Lande: Jetzt kassiert der Millionär Maximilian Rainer Arbeitslosengeld. Und was bislang niemand wusste: Im Arbeitsvertrag mit der SEL hatte sich Rainer eine Gewinnbeteiligung festschreiben lassen – die ihm nun mehrere Millionen Euro sichern könnte.Herr Dr. Schamlos

Da soll noch jemand sagen, das soziale Netz in Südtirol sei nicht engmaschig: Maximilian Rainer, der bis vor wenigen Monaten als SEL-Direktor noch 20.000 Euro im Monat verdient hat, kassiert jetzt Arbeitslosengeld: 979 Euro im Monat.
von Artur Oberhofer

Es war Anfang Juni dieses Jahres, als ein adretter Herr im Arbeitsvermittlungszentrum in Sterzing vorstellig wurde, um sich in die Arbeitslosenlisten eintragen zu lassen. Eigentlich nichts Besonderes, hieße der adrette Herr nicht Maximilian Rainer. Und bezöge der Herr, der für einen der größten Polit-Skandale in der Geschichte Südtirols verantwortlich ist, nicht auch noch Arbeitslosengeld.

Die Fakten: Nach Informationen der Tageszeitung ist Maximilian Rainer, der ehemals so mächtige, so arrogante und hochbezahlte Direktor der Landesenergiegesellschaft SEL, seit 7. Juni 2012 im Arbeitsvermittlungszentrum in Sterzing als arbeitslos gemeldet.

Maximilian Rainer – der prominenteste Arbeitslose des Landes. So wie bei jedem anderen Arbeitslosen auch, ist in der Arbeitsamtsakte von Maximilian Rainer die letzte Beschäftigung vermerkt: Er sei „leitender Angestellter bei der SEL“ gewesen, heißt es in der Akte. Und es sind auch die Studientitel angeführt: „Studientitel in Bauingenieurswesen und Vermessungswesen.“ Der ehemalige SEL-Direktor wird – im schönsten Amtsdeutsch – als „Akademiker auf Arbeitssuche im technischen Bereich“ geführt. Also als hochqualifizierte Arbeitskraft. Und so wie jeder andere Arbeitslose auch, muss sich Herr Dr. Rainer regelmäßig im Arbeitsvermittlungszentrum Sterzing einfinden, um mit den zuständigen Sachbearbeitern darüber zu diskutieren, welche Arbeit man ihm geben könnte. Bislang hat der Ex-SEL-Chef noch keinen neuen Job gefunden.

Aber nicht so sehr der Umstand, dass Maximilian Rainer stempeln geht, hat einen Nachrichtenwert, als vielmehr die Tatsache, dass es dem Top-Manager nicht zu blöd ist, auch noch das Arbeitslosengeld zu kassieren. Zwar ist das, was Maximilian Rainer macht, völlig legal, aber die Optik ist mehr als nur schief, wenn sich ausgerechnet jener Top-Manager, der eine der wichtigsten Landesgesellschaften an den Rande des Ruins gewirtschaftet hat, denn auch noch aus dem Arbeitslosentopf bedient.

Noch dazu handelt es sich bei Maximilian Rainer um einen Top-Manager, der in den vergangenen zehn Jahren über zwei Millionen Euro verdient hat – und der jetzt von seinem ehemaligen Arbeitgeber noch weiteres (öffentliches) Geld, also Steuergelder einfordert (sieht dazu auch den zweiten Bericht). Dr. Rainer – ein Dr. Schamlos.

Nach Recherchen der Tageszeitung zahlt das Nationalinstitut für soziale Fürsorge (NISF/INPS) dem ehemaligen SEL-Direktor ein Arbeitslosengeld in Höhe von 979 Euro im Monat – es ist dies fast der Höchstbetrag. Die Höchstgrenze des Arbeitslosengeldes ist gekoppelt an das Einkommen, und zwar im Ausmaß von 80 Prozent des letzten Gehaltes, wobei der Maximalbeitrag bei 1.120 Euro liegt.Nach dem Fall des Arbeitslosengeld-Beziehers Maximilian Rainer soll noch jemand sagen, Südtirol sei kein Sozialparadies.

Die verschwiegene Gewinnbeteiligung
von Christoph Franceschini

Maximilian Rainers Arbeitsvertrag wurde gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Weder am Sitz der „SEL AG“, noch im Ressort von Landesrat Michl Laimer gab es eine Kopie. Der einzige Verwahrungsort war die Kanzlei „Stocker & Kuntner“ in Auer. Von dort musste der Vertrag angefordert werden, als im Herbst 2011 die Grünen im Landtag eine Anfrage zum Vertragsinhalt stellten. Auch damals wurde der Vertrag nur teilweise übermittelt. Denn die konkreten Summen und Posten waren bewusst aus dem Arbeitsvertrag getilgt worden.

Heute wird klar warum. Der Arbeitsvertrag des SEL-Generaldirektors ist nicht nur einer der bestdotierten im Lande, sondern er enthält auch eine bisher bewusst verschwiegene Klausel, die für eine öffentliche Gesellschaft fast schon wahnwitzig ist. Vor allem aber dürfte die Klausel den immer wieder beschwörten Mythos, ausschließlich zum Wohle und im Interesse des Landes gehandelt zu haben, pulverisieren.

Der Arbeitsvertrag von Maximilian Rainer ist datiert mit dem 11. März 2002. Abgeschlossen kurz nach der SEL-Gründung, trägt er die Unterschrift vom damaligen SEL-Präsidenten Michl Laimer. Obwohl in den offiziellen Publikationen des Landes etwas weniger aufscheint, sicherte er Maximilian Rainer in den vergangenen Jahren ein Gehalt von rund 220.000 Euro brutto im Jahr zu. Gezahlt in 14 Monatsgehältern.

Maximilian Rainer hat 2008 in seinen Arbeitsvertrag eine Beteiligungsklausel am Gewinn des „SEL-Konzerns“ eintragen lassen. Die Klausel sichert ihm jährlich bis zu 500.000 Euro zu. Das Geld will Rainer jetzt im Arbeitsprozess einfordern. Dazu kommen noch ein Dienstwagen, für den die „SEL AG“ alles bezahlt und den Rainer auch privat benutzen konnte, sowie ein recht üppiger Spesenersatz.

Was aber bisher kaum jemand weiß: Maximilian Rainers Arbeitsvertrag wurde Anfang 2008 nachgebessert. Datiert ist der „accordo supplementare“ mit Jänner 2008. Dabei wird nicht nur die Bruttoentschädigung in den erwähnten Bereich angehoben, sondern es wird auch ein neues variables Gehaltselement eingeführt. Eine Gewinnbeteiligung, die Maximilian Rainer weit mehr bringen sollte, als sein Grundgehalt. Laut unterschriebenem Vertrag zwischen SEL-Präsident Klaus Stocker und Maximilian Rainer erhält der SEL-Generaldirektor ab 2008 einen Prozent des Gewinnes vor Steuern der SEL AG, der von ihr kontrollierten Gesellschaften und auch der anderen Gesellschaften der Gruppe jährlich als zusätzliche Prämie.

Was das heißt, wird anhand der konsolidierten Bilanz der SEL-Gruppe deutlich. Maximilian Rainer hat damit für das Jahr 2008 Anrecht auf zusätzliche 99.270 Euro. 2009 sind es 182.515 Euro. 2010 255.557 Euro und 2011 satte 239.448 Euro. Macht in vier Jahren knapp 780.000 Euro, die Maximilian Rainer als Gewinnbeteiligung kassiert.

Dass der Zusatzvertrag 2008 abgeschlossen wurde, ist kein Zufall. Denn in diesem Jahr wurde die Zusammenarbeit mit den großen Stromriesen ENEL und Edison gesellschaftsrechtlich durch die Gründung der „SE Hydropower“ und der „Hydros“ abgeschlossen. Damit steigen ab 2008 der Umsatz und der Gewinn der SEL-Gruppe auch ordentlich an. Allein in den vier Jahren zwischen 2007 bis 2011 hat sich der Gewinn vor Steuern und damit auch Rainers Prämie fast verdreifacht.

Weil das auch dem SEL-Verwaltungsrat klar war, hat man eine Art Deckelung der Prämie vorgenommen. Eine Deckelung, die einmalig in der Südtiroler Wirtschaftsgeschichte sein dürfte. Denn laut Vertrag darf das variable Gehaltselement das Fixgehalt maximal um 250 Prozent überschreiten. In Euro ausgedrückt: Rainer hätte jährlich bis zu 500.000 Euro an Gewinnbeteiligung kassieren können.

Tatsache ist, dass Maximilian Rainer bis heute keinen Cent von diesem Geld bekommen hat. Der Grund dafür: Der SEL-Generaldirektor hat die Auszahlung nie eingefordert. Genau das will er aber jetzt tun. Nach Informationen der Tageszeitung soll er im Arbeitsstreit mit der „SEL AG“ die gesamte Prämie einfordern. Seine Forderungen gehen dabei in die Millionen.

Dabei könnte gerade diese Beteiligungsklausel Maximilian Rainer am Ende zum Verhängnis werden. Denn dadurch verändert sich seine rechtliche Position nachhaltig. Längst ist klar, dass der ehemalige SEL-Generaldirektor der Architekt der illegalen Praktiken war, die der „SEL AG“ die meisten Kraftwerkskonzessionen gesichert haben. Bisher konnte Rainer sagen, er habe die Aktionen für die „SEL AG“ und das Land gesetzt. Aber keineswegs im Eigeninteresse.

Damit ist es jetzt aber endgültig Schluss. Durch die zehn Großkraftwerke hat sich der Gewinn der SEL-Gruppe fast verdoppelt. Und damit auch die Prämie für den Generaldirektor. Rainer hatte also ein ureigenes, finanzielles Interesse, dass die „SEL AG“ alle Konzessionen gewinnt.  Das dürfte auch der eigentliche Hauptgrund dafür gewesen sein, dass Maximilian Rainer Umweltpläne austauschen ließ und Argumentarien verfasste. Er wusste, dass sich das Ganze für ihn auszahlen wird.

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Neue Südtiroler Tageszeitung, Donnerstag, 15. November 2012

Der Arbeitslose im Nadelstreif

Die Enthüllung der Tageszeitung, dass der ehemalige SEL-Direktor Maximilian Rainer jetzt auch noch knapp 1.000 Euro Arbeitslosengeld bezieht, hat wie eine Bombe eingeschlagen. Ganz Südtirol fragt sich: Ist dem Herrn Rainer eigentlich gar nichts zu blöd? Und: Es gibt neue, krasse Details.
von Artur Oberhofer

Die Episode versinnbildlicht die zwei Seiten der Südtirol-Medaille: Ulli Mair empfing in ihrer gestrigen Sprechstunde einen 81-jährigen Mann aus dem Eisacktal. Unter Tränen erzählte der Mann der Freiheitlichen-Chefin, dass ihm ein Drittel seiner 600-Euro-Rente gepfändet werde, weil er früher mit einem Prozent an der Baufirma seines Sohnes beteiligt war. Der Betrieb sei flöten gegangen, und der Sohnemann habe sich aus der Verantwortung gestohlen. Zwar bezieht der alte Mann noch eine Hinterbliebenenrente, doch diese Rente geht drauf, weil der Witwer eine Zugeherin bezahlen muss.

Der alte Mann muss also mit weniger als 400 Euro über die Runden kommen. Und just als er sich bei Ulli Mair ausweinte, sah der alte Mann auf dem Schreibtisch das Titelbild der Tageszeitung und erfuhr, dass ein gewisser Maximilian Rainer, der einen Millionen-, wenn nicht einen Milliarden-Schaden angerichtet hat, knapp 1.000 Euro Arbeitslosengeld bezieht. „Wenn man einem alten, über 80 Jahre alten Mann gegenübersitzt, der verzweifelt reart, weil sie ihm die Rente pfänden und dann liest, dass ein Herr Rainer Arbeitslosengeld bezieht, dann stellen sich einem die Nackenhaare auf“, sagt Ulli Mair.

So ähnlich wie Ulli Mair und dem alten Mann aus dem Eisacktal ist es gestern vielen SüdtirolerInnen ergangen, als sie erfuhren, dass der ehemalige SEL-Direktor, der in den vergangenen Jahren Millionen verdient hat, sich – nach all dem, was passiert ist – nicht schämt, auch noch in den Arbeitslosentopf zu greifen. Die Reaktionen sind entsprechend scharf. Ulli Mair kann nur den Kopf schütteln und sagt: „Wenn Maximilian Rainer nun auch noch ein Arbeitslosengeld bezieht, dann ist das Hohn und Spott für all jene, die in Südtirol durch ehrliche Arbeit knapp über die Runden kommen und kein Auskommen mit dem Einkommen haben. Wie will man sich vor jenen Menschen verantworten, die dieses Land aufgebaut haben und eine Mindestrente beziehen? Wie will man Rentnern, denen man die Rente pfändet, diese Vorgangsweise erklären? Wie will man sich vor den Pendlern rechtfertigen, die um die Pendlerzulage kämpfen?“

Ähnlich die Reaktion von Andreas Pöder von der BürgerUnion: „Der Herr Rainer hat so lange am Futtertrog des Steuerzahlers gesessen, daher sollte er besser einen Teil der Gelder, die er bekommen hat, dazu verwenden, um Arbeitslose zu unterstützen, anstatt selbst Arbeitslosengeld zu kassieren.“ Pöder spricht von einem „Hohn“.

Auch Hans Heiss von den Grünen zeigt wenig Verständnis. „Dass Herr Rainer Arbeitslosengeld bezieht, ist ein echter Hammer, aber es passt zu seinem Charakter, alle Chancen zu nutzen, die das Leben bietet.“ Gleichwohl wundert sich Heiss, dass das Arbeitsamt beziehungsweise das Nationalfürsorgeinstitut NISF/INPS ihm das Geld gibt. „Man hätte vielleicht den Hintergrund des Herr Rainer etwas vertiefen sollen, bevor man ihm das Geld gibt.“

Dabei ist der Fall Rainer noch krasser, als zunächst beschrieben.Nach Informationen der Tageszeitung ist Maximilian Rainer im Juni dieses Jahres in einem Patronat in Sterzing vorstellig geworden, um sein Ansuchen auf Arbeitslosengeld zu hinterlegen.Die im Patronat tätigen Mitarbeiter waren konsterniert und perplex, als der Herr im Nadelstreif auftauchte und wussten zunächst nicht, wie sie mit dem Fall Rainer umgehen sollten. Ein Insider erzählt:

„Wir hatten noch nie einen so gelagerten Fall mit einem Top-Verdiener, der plötzlich um Arbeitslosengeld ansucht, und wir wussten daher im ersten Moment nicht, wie wir dieses Ansuchen bearbeiten sollten. Wir wussten also zunächst nicht, wie wir mit diesem außerordentlichen Fall umgehen sollten und ob einem Gutverdiener wie Rainer das Arbeitslosengeld überhaupt zusteht. Auch waren wir alle baff, dass Herr Rainer überhaupt ein Ansuchen gestellt hat.“

Das Ansuchen sei dann eine zeitlang unbearbeitet liegengeblieben. Auf das hin habe Maximilian Rainer (in der ihm eigenen Arroganz) einen geharnischten Brief an das Patronat geschrieben. In dem Brief habe er die Mitarbeiter des Patronats angehalten, sein Ansuchen so schnell wie möglich zu bearbeiten, denn – so argumentierte Rainer – er habe ein Recht auf das Arbeitslosengeld.

So ungerecht ist die Welt: Einem 81 Jahre alten Mann wird die mickrige Rente gepfändet, weil er für einen seiner Buben gebürgt hat, und ein Maximilian Rainer, der als einer der Hauptakteure in einem der größten Polit-Skandale in der Geschichte des Landes Südtirol eingehen wird, hat nicht die geringsten Skrupel, Steuergelder für seine selbst verschuldete Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen.

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Neue Südtiroler Tageszeitung, Freitag, 16. November 2012

Christkind im Jänner

Genau zu dem Zeitpunkt, als die „SEL AG“ ins große Stromgeschäft einstieg, ließ sich Maximilian Rainer einen Zusatzvertrag geben, der ihm jährlich eine Gewinnbeteiligung bis zu 512.500 Euro garantiert hat. Die Details und Hintergründe eines absurden Arbeitsvertrages.
von Christoph Franceschini

Am Ende der drei Seiten stehen neben einem Stempel zwei Unterschriften. Oben hat Klaus Stocker unterzeichnet und darunter Maximilian Rainer. Daneben das Datum: „Bozen, den 8. Jänner 2008“.

An einem Dienstag vor viereinhalb Jahren besiegeln die beiden Köpfe der „SEL AG“ mit ihrer Unterschrift eine Regelung von der – zumindest Klaus Stocker  – heute anscheinend nichts mehr wissen will. „Eine Gewinnbeteiligung hat Rainer nie bekommen“, lässt sich der ehemalige SEL-Präsident im Tagblatt zitieren.

Das Problem: In dem von ihm selbst unterschriebenen Arbeitsvertrag steht etwas ganz anderes. Dort sichert man dem ehemaligen SEL-Generaldirektor eine Gewinnbeteiligung zu, die selbst in der etwas bewegten Südtiroler Wirtschaftsgeschichte einmalig sein dürfte. Das dreiseitige Papier ist ein „Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 11. März 2002“, den eigentlichen Arbeitsvertrag Maximilian Rainers mit der „SEL AG“. Im Vorspann heißt es, daß „die SEL und der Generaldirektor übereingekommen sind, die Artikel 7 und 11 des oben genannten Vertrages zu ändern“.

In Artikel 7 geht es um die „wirtschaftliche Behandlung“. Im neuen Vertrag werden dabei zwei konkrete Gehaltselemente unterschieden: Eine jährliche Fixvergütung und eine jährliche variable Vergütung. Das fixe Grundgehalt wird im Vertrag mit 205.000 Euro brutto angegeben. Dazu kommen noch der Inflationsausgleich und die im nationalen Kollektivvertrag für Führungskräfte auf dem Industriesektor vorgesehenen Gehaltsvorrückungen. Interessant wird es aber bei der variablen Jahresvergütung. Dort heißt es:

„…(…)…sie wird bestimmt auf der Grundlage der Erreichung der Budgetziele, die vom Verwaltungsrat jährlich festgelegt werden und nach Maßgabe der Bilanzergebnisse der SEL und ihrer Tochtergesellschaften“.

Wer die Geschäftsberichte der SEL-Gruppe von 2008 bis 2011 liest, der kann nachlesen, dass man in diesen Jahren nicht nur die Budgetziele erreicht, sondern auch deutlich übertroffen hat. Vor allem aber hatte Maximilan Rainer in der Landesenergiegesellschaft, aber auch in der Energiepolitik des Landes einen solchen Handlungsspielraum, dass er sich faktisch selbst die Jahresziele festlegen konnte, die die „SEL AG“ dann natürlich auch erreicht hat.Erreicht man die Budgetziele so wird eine variable Jahresvergütung fällig, die laut Vertrag wie folgt aussieht:

„ – einen Anteil von 1 Prozent am konsolidierten Gewinn der SEL vor Steuern einen weiteren Anteil von 1 Prozent am Gewinn vor Steuern der Gesellschaften, an denen die SEL direkt oder indirekt beteiligt ist und die nicht konsolidiert werden (nach Maßgabe des Anteils den die SEL am betreffenden Unternehmen hält).“Ausdrücklich wird im Vertrag festgeschrieben, dass die DELMI-Beteiligung, bei der es ursprünglich um rund 180 Millionen Euro ging, von dieser Klausel ausgeschlossen bleibt.

Könnte man die Vertragsklausel über die Erreichung der Budgetziele mit einigem Wohlwollen so hinstellen, dass der Verwaltungsrat darüber entscheiden muss, ob der Generaldirektor die Gewinnbeteiligung erhält oder nicht (davon steht im Vertrag allerdings nichts), so wird das ganze im nächsten Absatz des Vertrages dann gänzlich ad absurdum geführt. Dort heißt es:

„Im Falle, dass die jährlichen Budgetziele nicht erreicht werden, wird dem Generaldirektor eine variable Vergütung zuerkannt, die sich aus den selben Punkten zusammensetzt, wie im vorangegangen Paragraph beschrieben, aber in der Größenordnung nicht von 1 Prozent, sondern von 0,75 Prozent.“

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Es ist verständlich, dass jemand eine Gewinnbeteiligung erhält, wenn er gut arbeitet und die Budgetziele erreicht. Dass er aber auch dann eine Prämie erhält, wenn er die vom Verwaltungsrat angeblich vorgegebenen Ziele – sie wurden in Wirklichkeit niemals konkret formuliert – nicht erreicht, das dürfte eine Einmaligkeit sein.

Auch der Unterschied von nur 0,25 Prozentpunkten riecht eher nach Selbstbedienungsladen als nach logischen, budgetären Richtlinien. Denn nach diesem Vertrag würde Maximilian Rainer, auch dann, wenn ihm der neue SEL-Verwaltungsrat um Wolfram Sparber bescheinigt, im Jahr 2011 nicht die vorgegebenen Ziel erreicht zu haben, ordentlich abkassieren. Die „SEL AG“ hat nach ihrer konsolidierten Bilanz 2011 22.944.807 Euro Verlust gemacht. Der Grund sind die DELMI-Abwertungen. Doch vor Steuern steht ein Gewinn von 23.347.790 Euro. 0,75 Prozent davon sind 175.108,42 Euro, die laut Vertrag dem inzwischen entlassenen SEL-Generaldirektor zustehen.

Interessant ist aber auch das Vertragsdatum. Denn es ist keinesfalls ein Zufall, dass Anfang 2008 plötzlich – ohne erkennbare Gründe – ein solcher Zusatzvertrag gemacht wird. Außer Klaus Stocker wollte Maximilian Rainer ein besonders gut dotiertes Geschenk machen. Genau zum richtigen Zeitpunkt.Der Vertrag wird am 8. Jänner 2008 unterzeichnet. Merkwürdigerweise aber erst nach fast eineinhalb Monaten bei der SEL registriert. Auf der ersten Seite steht das Datum: 15.02.2008. Zu diesem Zeitpunkt waren die diskreten Verhandlungen der SEL-Spitze mit den Stromriesen Edison und Enel bereits soweit gediehen, dass feststand, dass man mit neuzugründenden gemeinsamen Gesellschaften gemeinsam die Südtiroler Großkraftwerke übernehmen wird.  Dass sich damit auch der Umsatz und Gewinn der SEL-Gruppe deutlich vervielfacht, ist selbst einem Grundschüler verständlich.

Drei Monate nach der Arbeitsvertrags-Unterzeichnung am 11. April 2008 unterschreibt die SEL dann auch ein Abkommen mit der Edison, mit dem man sich mit 60 Prozent bei sieben Edison-Großkraftwerken in Südtirol einkauft. Am 22. Juli 2008 wird dann die gemeinsame SEL-Tochter „Hydros GmbH“ gegründet, die die Kraftwerke heute führt.

Ebenso waren die Verhandlungen mit der Enel längst auf der Zielgeraden. Die gemeinsame Gesellschaft „SE Hydropower“, die zehn Enel-Großkraftwerke übernimmt, wird zwar erst mit 1. Juni 2010 aktiv, die Weichen dafür waren aber schon im Herbst 2007 gestellt worden.

Im November 2007 stehen die ersten – noch streng geheimen – Vertragshypothesen für ein Abkommen zwischen SEL und Enel. Am 24. Oktober 2008 unterzeichnet man einen sogenannten „accordo preliminare“. Auch der Übergang des Enel-Stromnetzes ist 2008 beschlossene Sache.

Die Auswirkungen dieser neuen Gesellschaften auf die SEL-Bilanz: Allein zwischen 2007 und 2008 verdoppelten sich Umsatz und Gewinn der SEL-Gruppe. Damit kommt der neue Vertrag mit Gewinnbeteiligung für Maximilian Rainer genau zum richtigen Zeitpunkt.Das wusste der Generaldirektor, aber auch SEL-Präsident Klaus Stocker. Nur so lässt sich eine andere Klausel im Vertrag erklären. Dort heißt es:

„Es wird präzisiert, dass in keinem Fall die variable Entschädigung 250 Prozent der fixen Jahresentschädigung überschreiten darf, wie sie im vorhergehenden Punkt a festgelegt wurde“.

Zur Erinnerung: Dort steht, dass das Grundgehalt der SEL-Direktors 205.000 Euro beträgt. 250 Prozent davon sind genau 512.500 Euro. Das war die oberste finanzielle Grenze für Rainers Gewinnbeteiligung. Damit wird auch klar, in welchen Dimensionen die beiden SEL-Köpfe unter vier Augen verhandelt haben.

Wenn Klaus Stocker deshalb jetzt sagt, es habe keine Gewinnbeteiligung gegeben und Maximilian Rainer, habe am Ende des Jahres eine Prämie erhalten, die zwischen 30.000 und 40.000 Euro lag, dann muss er etwas anderes meinen. Denn im Zusatzvertrag wird auch festgelegt, wie die Gewinnbeteiligung an Maximilian Rainer ausgezahlt wird. „In vier Raten, die von der Bilanzgenehmigung bis Ende des Geschäftsjahres ausgezahlt werden“, heißt es dort.Vielleicht meint Klaus Stocker ja eine dieser Raten.

Vollkasko

Die SEL zahlte Rainer nicht nur jedes Essen, ein eigenes Auto, sondern auch eineLebensversicherung.

„Dem Generaldirektor wird ein Dienstauto zur Verfügung gestellt (es war dann ein Q6 – Anm. des Verf.), das er auch privat benützen kann. Die SEL übernimmt alle Kosten, eingeschlossen die Versicherungspolizze, die Autosteuer, die Reperaturen und Instandhaltung und alles andere was es braucht“, heißt es im Zusatzvertrag von Maximilian Rainer.

Zudem rechnete Maximilian Rainer alle Essenkosten ab. Und das waren – mit Kundenessen eingeschlossen – manchmal auch über 2.000 Euro im Monat.

Rainer hat sich aber Anfang 2008 noch ein weiteres Privileg ausgehandelt. Im Kollektivvertrag ist natürlich auch eine Unfallversicherung vorgesehen. Im Zusatzvertrag steht:„Zusätzlich verpflichtet sich die SEL eine Lebensversicherung (a fondo perduto) zugunsten des Generaldirektors abzuschließen, die ihm sowohl im Todesfall wie auch bei Unfällen, die nicht auf berufliche Gründe zurückzuführen sind, einen versicherungstechnischen Schutz garantieren.“ Maximilian Rainer war damit sozusagen Vollkasko versichert.

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Eine Antwort auf Der raine Wahnsinn. Letzte TZ- Berichte

  1. Lars sagt:

    Das Mafia-System Südtirol