SEL – Zur Erinnerung: PM C. Kury, 10.12.2002

Energie: Kooperation statt Südtirol-interne Konkurrenz wäre sinnvoll. Dabei muss das Land allerdings seine Hegemoniebestrebungen aufgeben und sich auf die Rolle des Kontrolleurs zurückziehen.

Die bevorstehende Teilliberalisierung auf dem Energiesektor (Strom, Gas) hat in Südtirol zu heftigen Auseinandersetzungen geführt. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wer in Zukunft in Südtirol diesen für die Entwicklung und die Finanzen des Landes wichtigen Sektor „kontrolliert“. Die Frage, welche Lösungen im Interesse Südtirols anzupeilen sind, spielte dabei leider eine untergeordnete Rolle.

Von der Versorgung zur Dienstleistung: Bisherige Monopolbetriebe – auch auf lokaler Ebene – müssen sich dem Markt und der Konkurrenz stellen. Aus reinen Abnehmern von Gas und Strom werden Kunden. Die Anbieter werden nicht mehr Versorgungsbetriebe (Energie-Verkäufer) bleiben können, sondern sie werden sich zu Energie-Dienstleistern entwickeln müssen. Der Kunde braucht nicht x Kilowattstunden Strom und y Kubikmeter Gas, sondern Wärme, Licht, Kraft usw. Der Komfort und die Produktivität hängen also nicht vom Energieverbrauch ab, sondern vom Nutzen der Energieanwendungen. Der fortschrittliche Energiebetrieb dient seinem Kunden auch mit Leistungen hinter dem Strom- und Gaszähler. Um diese – ökologisch sinnvolle – Entwicklung zu fördern, ist die Zusammenführung des „Marketings“ von Gas und Strom jedenfalls zu unterstützen. Die Einrichtung einer Energieagentur, die bereits mehrfach vom zuständigen Landesrat angekündigt wurde, ist notwendig.

Kooperation statt Südtirol-interne Konkurrenz: die bevorstehende Liberalisierung legt eine intensive Kooperation aller in Südtirol im Energiebereich tätigen Betriebe nahe, um Synergien effizient zu nutzen. (Skalaeffekt bei An- und Verkauf, Zentralisierung von Dienstleistungen, wie Fakturierung, Call-Center etc). Der derzeit eingeschlagene Weg läuft allerdings eher darauf hinaus, sich durch einen verschärften Konkurrenzkampf zwischen den in Südtirol aktiven Betrieben gegenseitig das Überleben zu erschweren.

Gleichberechtigte Bedingungen für alle potentiellen Partner ist die Voraussetzung für die Zusammenarbeit: Es erscheint selbstverständlich, dass diese Zusammenarbeit nur dann funktionieren kann, wenn für alle Mitbewerber dieselben Bedingungen herrschen. Die einseitige Bevorteilung der SEL AG durch das Land (siehe Artikel 1 des Landesfinanzgesetzes) bzw. der Versuch, einen möglichen zukünftigen Zusammenschluss zu hegemonisieren, verurteilt dieses Projekt zum Scheitern.

Die Aufgaben der Politik: Die Politik bzw. die Landesregierung muss ihrer Aufgabe endlich nachkommen und sich auf die ihr zugeschriebene Rolle beschränken. Darunter fallen: Die Entwicklung eines zukunftsfähigen Energiekonzeptes für das Land Südtirol, ausgerichtet nach den internationalen Verpflichtungen (Klimabündnis, Kyoto-Protokoll), der Landesenergieplan entspricht nicht diesen Anforderungen; weiters hat das Land die Aufgaben wahrzunehmen, die die Durchführungsbestimmung aus dem Jahre 99 ihm zuweist, nämlich die Festsetzung von Regeln für den unternehmerischen Wettbewerb und die Kontrolle über deren Einhaltung. Bis heute ist noch kein Landesgesetz erlassen worden, dass diese Verpflichtungen definiert (Konzessionsvergabe, Verteilerplan etc). Dieser Verpflichtung ist schnellstens nachzukommen. Weiters ist die Trennung zwischen Politik und unternehmerischer Tätigkeit der privaten SEL-AG endlich durchzuführen.

Es ist folgendes Szenario anzustreben: Zusammenschluss aller im Energiesektor (eventuell auch darüber hinausgehender multiutilities) tätigen Betriebe unter gleichberechtigten Bedingungen. Entwicklung eines langfristigen Entwicklungsplans; sollte es für die Erreichung der dort festgesetzten Ziele opportun sein, einen strategischen Partner beizuziehen, wird dieser Weg nicht von vorneherein ausgeschlossen. Diese Entscheidung muss an langfristigen zukunftsfähigen Zielen festgemacht werden, und darf nicht als Geldbeschaffungsmaßnahme für die Eigentümer dienen.

Die Voraussetzung für die Umsetzung dieses Szenarios ist, dass die Landesregierung auf ihre Hegemoniebestrebungen verzichtet und davon absieht, der SEL-AG unzulässige Wettbewerbsvorteile einzuräumen.

Insgesamt darf bei allen diesen Entwicklungen das langfristige Energieziel nicht ins Hintertreffen geraten: Südtirol ist als Land dem Klimabündnis beigetreten und hat sich somit verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2010 zu halbieren. Mit Energieeinsparung und mit konsequenter schrittweiser Ersetzung von Heizöl und Erdgas mit erneuerbarer Energie aus Biomasse und Sonne ist das Klimabündnisziel im Energiebereich zu erreichen. Bei allen jetzt angestrebten Entwicklungen müssen dieses Ziel und die entsprechenden Zielerreichungsmaßnahmen mitgedacht werden.

Bozen, den 10.12.2002
Cristina Kury

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