Wildbad Innichen: Verfall der Vergangenheit

Neue Südtiroler Tageszeitung, 27.09.2012 – Das Wildbad in Innichen war vor hundert Jahren ein berühmtes Kurhotel. Heute erinnert nur noch eine Ruine im Wald an diese große Vergangenheit. Das Gebäude ist derzeit in Besitz der Brauerei Forst. Pläne für eine Wiederbelebung des Wildbades gibt es nicht.
von Silke Hinterwaldner

,,Das ist nicht unser Kerngeschäft. Die Brauerei hat sicherlich kein Interesse daran, etwas aus dem Wildbad in Innichen zu machen.“ Das ist eine klare Absage. Die Brauerei Forst habe die Ruine bei der Übernahme von ,,Kaiserwasser“ gewissermaßen mitgeerbt, aber Ambitionen dem altehrwürdigen Bau neuen Glanz zu verleihen, hatte Forst -Managerin Margherita Fuchs von Mannstein nie.

,,Außerdem“, erklärt der zuständige Mitarbeiter bei der Forst, ,, ist die Zeit nicht günstig für neue, große Investionen.“ Ein Umbau, ein neues Großprojekt beim Wildbad in Innichen würde sicherlich einen schönen Batzen Geld kosten. Und dabei trotzdem mit einigen Risiken verbunden bleiben: Schließlich befindet sich das Wildbad im Naturpark, es steht seit 1987 unter Denkmalschutz und ist nicht über eine Zufahrt erschlossen.
Und dennoch scheint es unendlich schade, dass der Zahn der Zeit unerbittlich am einst vornehmen Kuthotel in den Wäldern zwischen Innichen und Sexten nagt. Die Besitzer beschränken sich darauf, einen Sicherheitszaun rund um die Ruine zu spannen und das Areal abzusperren, um jedes Unfallrisiko zu vermeiden. Schließlich ist das Gebäude in einem erbärmlichen Zustand: Die Dächer und die Böden sind eingestürzt, die Mauern durchbrochen, Fenster gibt es längst keine mehr.

Die letzte Aktion zur Rettung des Wildbades ist bereits einige Jahre her. Vor einigen Jahrzehnten hatte ein Unternehmer aus Bari das Gebäude und die Quellen kaufen wollen, um daraus ein Kurhotel zu machen. Aber Innichen wollte nicht, dass das Wildbad in die falschen Hände geriet. Daraufhin schlossen sich einige Unternehmen in der Gemeinde zusammen und begannen selbst an einem Projekt zu arbeiten, für das Architekt Bernhard Lösch bereits Pläne entworfen hatte. Aber zu seiner Umsetzung dieser Pläne sollte es nie kommen. Schließlich hat die Familie Tinzl ihre Mineralwasser -Firma ,,Kaiserwasser“ an die Brauerei Forst verkauft. Damit wurden die letzten Hoffnungen zerschlagen, dass das Wildbad eine zweite Blüte erleben könnte.

Aber bei der Brauerei Forst zeigt man sich durchaus entgegenkommend, was neue Projekte für das Wildbad betrifft. ,, Wenn jemand Interesse am Kauf zeigt und einen guten Plan hat, der alle Beteiligten zufrieden stellt, sind wir freilich bereit, die Struktur zu verkaufen.“
Nur hat sich in den letzten Jahren kein interessierter Käufer mehr gemeldet. Einerseits würde sich die Anlage zwar für einen modernen Wellnesstempel oder ein historisches Kurhotel anbieten, aber wer einen Businessplan erstellt, gerät bald an die Schmerzgrenze. Die Auflagen sind streng, die Investionen scheinen unüberschaubar.

Die Instandhaltungsarbeiten der Besitzer beschränken sich deshalb darauf, die Ruine mit einem beinahe blickdichten Zaun einzukreisen. Der Zutritt bleibt allen Besuchern verwehrt, zu groß ist das Risiko – schließlich kann jeder Zeit ein Ziegel herunterfallen oder ein Stück Mauer herausbrechen. Nur die Kapelle in unmittelbarer Nähe zum Wildbad und die einzelnen Quellen rund um das Gebäude wurden vor kurzem hergerichtet, damit die Besucher sich zumindest daran erfreuen können.

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3 Antworten auf Wildbad Innichen: Verfall der Vergangenheit

  1. Gernot Pompenig sagt:

    Ich war erst vor kurzem beim „Wildbad“ wie so oft in den letzten Jahren.
    Und jedes Mal ist der Verfall deutlicher sichtbar. Jedoch ist immer noch erahnabr welch wunderschönes „GrandHotel“ – im wahrsten Sinne des Wortes das gewesen sein muss.
    Der Schaden scheint jedoch mittlerweile irreparabel – Dach, Mauerwerk, ja die ganze Struktur ist mittlerweile wirklich eine Ruine. Jedes Mal denk ich mir: „Wär doch nur einmal ein neues Dach draufgekommen“ – dann würd das jetzt alles anderst ausschauen.
    Trotz Zaun wage ich dann doch immer wieder einen Blick in die Innenräume in Gedanken und Träumen schweifend wie herrschaftlich das Wildbad zu seiner Blütezeit wohl gewesen sein mag!
    Es ist herzzerreißend Schade soetwas so stiefmütterlich zu behandeln!

  2. Lothar Busemann sagt:

    So sehr mich der Anblick schmerzt, alte und schöne Baustruktur verfallen zu sehen, so entschieden ist dies aber vom Begriff der Kulturlosigkeit zu trennen. Wenn wir alte Dinge nicht auch loslassen könnten, würden wir heute wohl noch in Höhlen leben. Und hiermit sage ich nicht, selbst in Trauer um den Verfall der Vielfalt der Werte zu sein, die sich wohl heute überwiegend von für den Menschen „Sinn“lichen entfernt und hin zu rein ökonomischen Werten reduziert haben.

  3. forum sagt:

    Südtirol ist eines der reichsten Länder der Welt; trotzdem wollen sich die finanzstarken ,,Parade – Unternehmer“ nicht an einer Restaurierung ihrer wertvollen Kulturgüter begeistern. Das ist ein erbärmliches Armutszeugnis, aber auch ein Spiegelbild eines kulturlosen Volkes. Zahlreiche historische Villen in Meran sind bereits verschwunden, Ansitze und denkmalgeschützte Höfe im ganzen Land werden dem Verfall preisgegeben!
    Michl Burger