Grüne: Landtagsanfrage zur Umwidmung des Jaufenhauses

Umwidmung des Jaufenhauses zum 65.000 m3-Resort-Palast: Wie kann ein touristisches Megaprojekt ohne Bauleitplan-Änderung erfolgen?

Seit Wochen schäumt der Volkszorn gegen den geplanten Neubau dreier Schutzhütten, deren vom Land in einem Wettbewerb ermittelte Entwürfe wegen angeblich fehlender Traditionsbindung und architektonischen Heimatverrats auf facebook und Internet-Foren verdammt werden. Das von zahlreichen Unterstützern getragene „gesunde Volksempfinden“ bleibt allerdings dann stumm, wenn – wie jüngst erfolgt – riesige Speicherbecken in großer Höhe errichtet werden, Waldrodungen erfolgen oder wuchtige Liftanlagen in die Landschaft gestemmt werden. Das halbierte Traditionsbewusstsein populistischer Part-Time-Heimatschützer bleibt stets auf einem Auge blind und ignoriert andere Großprojekte in großer Höhe, deren ästhetische Wirkung weit gravierender ausfällt als der von 10 zeitgenössisch renovierten Schutzhütten.

So hat offenbar in aller Stille das Projekt eines „Klimahotels Jaufenhaus“ die Instanzen von Gemeinde Ratschings und Landesverwaltung passiert, mit dem das alte, auf 2000 m Seehöhe gelegene Jaufenhaus durch ein Vier-Sterne-Hotel für hochalpine Wellness ersetzt werden soll.

Der Entwurf der Bozner Architekten Lunz-Zöschg und Partner, den eine Wipptaler Monatszeitschrift jüngst präsentiert hat, sieht sagenhafte 64.000 m3 Bauvolumen vor, die zwar offenbar durch geschickte Landschaftsanpassung und den Aufsatz von Holzschindeln kaschiert werden, deren Nordfassade freilich mit aggressiver Space-Ästhetik die Passfahrer und Hochtouristen von weitem begrüßt; ebenso wie das Zimmerangebot für 180 Gäste mit Glasfassade bereits von ferne erlebbar wird. Die Einbindung der bestehenden Jaufenhaus-Kapelle in die geplante Hotelanlage und die angedachte, unterirdische Verlegung der Hochspannungsleitung der Edison sind ein nur schwacher Ausgleich für den invasiven Landschaftseingriff. Zudem ist ziemlich sicher, dass der heute modische Entwurf bereits in 10 Jahren so verstaubt aussehen wird wie eine Seilbahnstation der Siebziger Jahre.

Ebenso fragwürdig wie das Großprojekt auf über 2000 m Seehöhe, das auf Hütten-Niveau im alpinen Raum gelegen ist, ist die überaus geschmeidige, beinahe formlose Passage der Gemeinde- und Landes-Instanzen: So ist die fragliche Zone am Jaufenhaus nach wie vor als „Alpines Grün“ ausgewiesen, obwohl eine Umwidmung in „Zone für touristische Einrichtungen“ hätte erfolgen müssen. Auch die Landschaftsschutzkommission hat dem Großvorhaben angeblich ohne Einwände zugestimmt. „Das Projekt – so einer der Architekten – ist wohl ein gelungenes Beispiel für gelungene Kommunikation“ und – so ist anzufügen – für politisches Lobbying, an dem es die bewährte Regie des Ratschinger Bürgermeister Helfer wohl nicht hat fehlen lassen.

Daher folgende Fragen an die Südtiroler Landesregierung:

  1. Hat das Projekt „Klimahotel Jaufenhaus“ bereits alle Instanzen von Gemeinde und Raumordnung passiert?
  2. Warum ist noch keine Umwidmung von „Alpinem Grün“ in „Zone für touristische Einrichtungen“ erfolgt?
  3. Hat die Landschaftsschutzkommission das Projekt anstandslos genehmigt, gab es keine Einwände gegen die drohende, überaus invasive Landschaftsveränderung?
  4. Wurde der Landesbeirat für Baukultur angehört?

Bozen, 3. September 2012
Hans Heiss
Riccardo Dello Sbarba

Artikel im „Erker“ 8/2012 (PDF, 345 KB)

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